truffls 2020 – Interview mit Co-Founder Matthes Dohmeyer

truffls sind im SAATKORN Kontext ja gute Bekannte. Als aufmerksame/r Leser*in ist Euch das Berliner Startup schon mehrfach hier über den Weg gelaufen. Aktuell gibt es ein spannendes Whitepaper von truffls zum Thema Diversity. Grund genug, einmal Co-Founder Matthes Dohmeyer auf den Zahn zu fühlen. Auf geht’s: 

SAATKORN: Matthes, bitte stell Dich den SAATKORN Leser*innen doch kurz vor.
Hallo, ich bin Matthes und als einer der Gründer von truffls mittlerweile seit einigen Jahren damit beschäftigt, die Themen Recruiting und Jobsuche für Personaler*innen und Kanditat*innen angenehmer, effizienter, schneller und letztlich einfach besser zu gestalten. Das ist insgesamt eine große Herausforderung mit vielen Aspekten – aber am leichtesten ist es immer, sich zu merken: truffls funktioniert – für Bewerber*innen – wie eine Art Tinder für Jobs.

SAATKORN: Diversity wird zum großen Thema bei truffls. Vor einiger Zeit habt Ihr ja Eure coole #mussegalsein Kampagne am Start gehabt, nun seit Ihr mit einem Whitepaper zum Thema Diversity am Start. Warum interessiert Euch das so?
Der Ursprung der #mussegalsein Kampagne im letzten Jahr war, dass bei uns in der App die Anonymisierung der Bewerber*innen weggefallen ist. Ursprünglich war es so, dass Kandidat*innen, wenn sie sich auf einen Job beworben haben, den Unternehmen nur mit ihren Initialen und ohne Bild angezeigt wurden. Erst wenn das Unternehmen sich aufgrund der anderen Daten aus ihrem Lebenslauf dazu entschieden hatte, einen Match auszulösen, wurden auch Name und Bild angezeigt. Wir wollten damit Diskriminierung vorbeugen, haben aber festgestellt, dass wir diese eigentlich nur um einen Schritt weiter nach nach hinten in der Candidate Journey verlagern. Also haben wir uns dazu entschlossen, diese Anonymisierung aufzuheben und stattdessen nachhaltig über das Thema Diversity aufzuklären, laut zu werden und so (hoffentlich) mehr zu erreichen.

Die Kampagne im letzten Jahr hat dann so viel Zuspruch erhalten (Wir bekommen bis heute Mails von Unternehmen, die gern mitmachen möchten und wir freuen uns riesig darüber!), dass wir gesagt haben, wir wollen das, worüber wir hier diskutieren auch wirklich schwarz auf weiß belegen, um auch die letzten Kritiker zu überzeugen und Unternehmen zu zeigen, dass sie mit vielfältig aufgestellten Teams einfach in jeder Hinsicht besser fahren. Und hier sind wir also!

SAATKORN: Ihr habt für das Diversity Whitepaper ja auch eine Studie durchgeführt. Was war das Setting der Studie, wer wurde wann wozu genau befragt?
Für die Studie haben wir mit dem Marktforschungsunternehmen respondi zusammengearbeitet. respondi hat im Februar 2020 deutschlandweit im Auftrag von uns 1.000 Teilnehmer*innen zu ihrer Sichtweise und ihren Erfahrungen rund um Diversity in der Arbeitswelt befragt. 55 % der Befragten waren männlich, 45 % weiblich, alle Teilnehmer*innen zum Zeitpunkt der Befragung erwerbstätig. 11,6 % besaßen eigenen Angaben zufolge einen Migrationshintergrund. Weitere 6 % gaben an, homosexuell zu sein. Diese Merkmale wurden abgefragt, um Rückschlüsse auf die jeweilige Perspektive der jeweiligen Personengruppe und deren Wahrnehmung zum Thema Diversity ziehen zu können.

SAATKORN: Und was sind die Kernergebnisse Eurer Studie?
Grundsätzlich lässt sich sagen: Zwei Drittel der deutschen Arbeitnehmer*innen ist es wichtig, welche Haltung ihr Unternehmen zu Diversity-Fragen hat. Vor allem junge Mitarbeiter*innen zwischen 18 und 29 Jahren achten mit einem überdurchschnittlichen Anteil von 74 % darauf. Diesen Zahlen steht allerdings gegenüber, dass das Thema gemäß der Mitarbeiter*innen-Erfahrung in gerade einmal 13,5 % der Unternehmen tatsächlich auch eine sehr wichtige Rolle spielt – in weiteren 39,5 % eine immerhin noch wichtige.

 

Dabei zahlt sich eine positive Grundhaltung zu Vielfalt aus Sicht der Studienteilnehmer*innen unter anderem durch größeren Unternehmenserfolg aus. Denn die Mehrheit ist der Meinung, dass diverse Teams erfolgreicher sind als andere – 58 % finden, diese kämen zu innovativeren Ergebnissen, 62 % halten sie für kreativer und 54 % schlichtweg für effektiver. Diese Einschätzung wird übrigens auch von Unternehmensseite bestätigt. Denn auch 56 % der Personaler*innen schreiben diversen Teams bessere Ergebnisse zu als homogenen Teams.

SAATKORN: Gab es etwas, was Dich persönlich besonders überrascht hat?
Ich finde besonders spannend und vor allem alarmierend für die Unternehmen, dass es einen auffallend hohen Anteil an Kandidat*innen gibt, die tatsächlich Konsequenzen aus den Antworten von Personaler*innen im Vorstellungsgespräch ziehen würden. Denn deutlich mehr als die Hälfte aller Teilnehmer*innen (56,1 %), die Diversity in Job-Interviews zum Thema machen, würde ein Jobangebot des Unternehmens ablehnen, würde sie eine ablehnende Haltung aus den Antworten heraushören. Überraschend ist dabei die relativ große Diskrepanz zwischen den Geschlechtern. Während fast zwei Drittel der männlichen Bewerber das Jobangebot ablehnen würden, liegt der entsprechende Anteil der Frauen nur bei etwas mehr als 40 %. Was die Präferenzen der Bewerber*innen angeht, gibt folgende Grafik gute Einblicke:

SAATKORN: Was sind auf Basis der Studie Eure Handlungsempfehlungen an HR Abteilungen?
Da würde ich gern vier Empfehlungen highlighten, auf die wir in der Studie auch noch sehr viel genauer eingehen:

  1. Positionen vielfältig besetzen: Wer frei von Vorurteilen rekrutiert und Stellen besetzt – Führungspositionen genauso wie alle anderen – setzt automatisch auf vielfältige Teams und damit auf Erfolg.
  2. Klare Positionierung “pro Diversity”: Organisationen sollten sich darauf einstellen, dass Vielfalt besonders für junge Menschen ein klares Differenzierungsmerkmal bei ihrer Berufswahl ist und es inhaltlich wie kommunikativ als festen Bestandteil ihrer Employer Brand installieren.
  3. Mehr interne Kommunikation: Unsere Studie hat gezeigt, dass derzeit eine Kluft besteht, was die tatsächliche Besetzung des Themas Vielfalt betrifft und wie das bei den Mitarbeiter*innen ankommt. Es bedarf also verstärkter interner Kommunikationsarbeit, um Diversity in den Köpfen der Mitarbeiter*innen zu verankern. Und das fängt damit an, dass die Führungsetage es vorlebt!
  4. Diversity als erfolgsorientiert verstehen: Diversity beweist, dass Werteorientierung und Unternehmenserfolg direkt miteinander verknüpft sind.

Und gerade weil junge Menschen sich dessen bewusst sind und in heterogenen Teams einen Erfolgsgaranten für ihre Arbeit sehen, erhöht dies auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen – und dient zudem als Attraktivitätsmerkmal im Bewerbungsprozess.

SAATKORN: Wie stellt Ihr bei truffls selbst sicher, dass Ihr möglichst divers aufgestellt seid?
Einer der Kernsätze aus unserer Studie lautet: Echte Diversity ist gelebte Diversity, bei der die Verschiedenartigkeit egal ist. Ich glaube, dass genau darin auch der Grund liegt, warum wir bei uns zum Glück keine aktiven Strategien, Maßnahmen oder sonstiges benötigen, um sicherzustellen, dass unser Team divers aufgestellt ist: das passiert von ganz allein, weil wir schon immer nur darauf geachtet haben, welche Person bestmöglich auf eine bei uns ausgeschriebene Stelle passt – eben vollkommen unabhängig von Faktoren wie Geschlecht, Herkunft,sexueller Orientierung oder anderen, die für die Entscheidung über eine Einstellung bei uns ganz einfach keine Rolle spielen.

Das von sich zu behaupten ist natürlich einfach, das ist mir bewusst. Deshalb ist das Thema Vielfalt auch so schwierig: Weil jeder selbst in sich gehen und sich ganz aktiv fragen muss “Habe ich unbewusste Vorbehalte gegenüber andersartigen Menschen, auch wenn ich das vielleicht gar nicht beabsichtige?” – und dem dann Schritt für Schritt entgegenwirken muss bis es ganz natürlich wird. Von #mussegalsein zu #esistegal.

SAATKORN: Spiegelt sich das bei Euch in der Mitarbeiterstruktur bereits wieder?
Definitiv, so arbeiten bei uns z.B. Menschen aus 7 verschiedenen Ländern; und als wir vor einiger Zeit aufgrund unseres starken Wachstums eine mittlere Management-Ebene mit zunächst drei Department Heads eingeführt haben, waren dies zu Beginn ausschließlich Frauen. Wir wurden von unserer damaligen PR-Agentur darauf angesprochen, warum wir daraus nicht längst eine Story gemacht hätten – ein Gedanke, der uns niemals gekommen wäre (und den wir nebenbei bemerkt auch nicht weiter verfolgt haben), weil bei uns eben so fest verankert ist, dass das gar kein großes Thema sein sollte – die drei Frauen waren damals unsere drei mit Abstand besten Optionen zur Besetzung der offenen Positionen, also haben wir die Positionen mit ihnen besetzt. Ich sehe darin keine Besonderheit, sondern bin vielmehr verwundert, dass das nicht genauso immer und überall gehandhabt wird.

SAATKORN: Was sind die nächsten Schritte für truffls?
Wir möchten natürlich weiterhin coole neue Features für unsere Kandidat*innen und Recruiter*innen verbinden mit der Entwicklung von neuen Geschäftsfeldern – und dabei immer mehr auch unsere wachsende Bekanntheit und Reichweite für gesellschaftlich relevante Themen wie eben Diversity nutzen. Wir freuen uns daher über jede*n, der*die unsere Entwicklung verfolgt – vielen Dank in diesem Sinne auch nochmal für das Interview, lieber Gero!

SAATKORN: Matthes, ganz herzlichen Dank für das Interview. Und weiterhin viel Spaß und Erfolg mit truffls!

Hier könnt Ihr das truffls Diversity Whitepaper downloaden. #havefun

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

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