Wie verändert sich die Generation Y?

Wie verändert sich die Generation Y? – Über Millenials habe ich saatkorn. schon tausendfach geschrieben, kann inzwischen vermutlich kaum einer mehr hören und lesen. Geht mir genau so. Allerdings bin ich kürzlich über eine interessante Studie gestolpert, die in Frage stellt, wie sich denn Sichtweisen der Generation Y verändern sobald diese einen Job haben, über Familiengründung nachdenken und insgesamt im Leben mehr Verantwortung übernehmen (müssen). Das fand ich spannend – umso schöner, dass Studienleiter Michael Haller ein Buch zu seinen Studienergebnissen verfasst hat. Hier das Interview – have fun: 

saatkorn.: Herr Haller, bitte stellen Sie sich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Haller_©privat_sw_lbu
Sie könnten meine Enkel sein, die Leute, die zur „Generation Y“ gehören.  Dieser Altersunterschied gibt mir die Möglichkeit, unvoreingenommen „von außen“ den Forschungsgegenstand zu untersuchen. Und mein Forscherteam (Durchschnittsalter 28 Jahre) bewahrt mich vor irrigen Fragestellungen und Fehldeutungen. 2010 überschritt ich das 65. Lebensjahr und bin seither Emeritus (Ruheständler) der Universität Leipzig, wo ich den Lehrstuhl für Journalistik innehatte. Aber Ruhestand ist nicht: Seit ein paar Jahren leite ich den Forschungsbereich an der Hamburg Media School (HMS), dort lief dann auch diese groß angelegte Untersuchung.

Wie verändert sich die Generation Y mit unbefristetem Job und Familie?

saatkorn.: Das Thema „Generation Y“ ist wahrlich nicht neu. Ihr aktuelles Buch „Was wollt ihr eigentlich – Die schöne neue Welt der Generation Y“ beruht auf einer großen Studie. Was war genau das Setting der Studie, wer wurde wann wozu befragt?
Unsere Schlüsselfrage lautete: Wie verändern sich die „Digital Natives“,  wenn sie älter werden und sich etablieren, also bindungswillig werden, einen prima Job unbefristet gefunden haben und an Familiengründung denken? Werden sie dann doch so wie ihre Eltern? Um dies (und vieles mehr) herauszufinden, haben wir eine Stichprobe mit 1.700 Teilnehmern generiert – junge Frauen und Männer zwischen 24 und 35 Jahren, berufstätig und formal ausreichend  gebildet (mindestens zehn Jahre Schule, d.h. ab mittlerer Reife aufwärts).

Wir wollten keine Azubis oder Studenten, weil die in ihrem Werteverständnis und Medienverhalten noch auf der Suche sind. Hinzu kommt, dass diejenigen, die formal schlecht ausgebildet sind, Probleme mit den Lesemedien haben. Und wir wollten auch herausfinden, ob die Lesemedien bei den Jungen, wenn sie älter werden, eine Chance haben.

Unsere Studie unterscheidet sich von allen anderen noch durch folgenden Ansatz: Um herauszufinden, ob die jungen Leute ihr Informationsverhalten verändern, erhielten sich von uns alle vier Wochen einen umfangreichen Fragebogen, auf dem nach tagesaktuellen Ereignissen gefragt wurde, nach dem Muster: „gestern Abend ist dies und jenes passiert. Haben Sie davon Kenntnis?“ Und wenn ja: „Über welche Kanäle haben Sie davon erfahren? Und: Haben Sie sich dazu noch weiter informiert?“ Und wenn ja: „über welche Angebote?“ usw. Wir haben insgesamt 14 solcher Befragungswellen durchgeführt – und entsprechend viele Antworten erhalten. Eine bemerkenswerte geht so: Mit dem Älterwerden lesen diejenigen, die bereits Zeitungen nutzten, nicht mehr, sondern weniger: Ihnen gefällt die gedruckte Tageszeitung je länger je weniger. Aber auch dies kam heraus: Diejenigen, die Zeitungen lesen, wissen durchwegs besser Bescheid als die vielen, die sich nur per Smartphone und TV informieren. Man sieht daran, dass Tageszeitungen ein Potenzial besitzen, dieses aber nicht einzulösen vermögen.

Generation Y: Opfer der eigenen Eltern?

saatkorn.: Die Wahrnehmung der Generation Y schwankt inzwischen stark innerhalb der Pole „total verwöhnt und lebensfremd“ und „andere Wertvorstellung erfordert anderes Arbeiten“. Sie positionieren Sich in Ihrem Buch eher auf letzterer Wahrnehmung. Können Sie dem ersten Aspekt trotzdem etwas abgewinnen?
Ja, kann ich. Ein Teil der „Generation Y“ hat wirklich Probleme, sich selbst realistisch einzuschätzen und die Mitte zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung zu finden. Dies kann man so erklären: Viele Eltern benutzten ihre Kids, um sich selbst narzisstisch zu bestätigen: Indem sie ihrem Kind einredeten, wie toll es sei, feierten sie ihre eigene vermeintliche Großartigkeit: Schaut mal, was für eine grandiose Familie (Eltern) wir sind!  Diese narzisstische Störung führt dazu, dass die erwachsen gewordenen Kinder zwischen Grandiositätsphantasie und Minderwertigkeitsgefühl, auch Depression pendeln. Und dies erklärt auch, warum viele junge Menschen so lange brauchen, bis sie wirklich erwachsen sind, sich also stabilisiert haben und selbstverantwortlich handeln können.

Buch "Was wollt Ihr eigentlich?"
Buch „Was wollt Ihr eigentlich?“

saatkorn.: Ich finde die Cases in Ihrem Buch klasse, insbesondere der Schindlerhof hat es mir angetan, da es in der Hotelbranche sehr schwierig ist „New Work“ einziehen zu lassen. Was ist aus Ihrer Sicht notwendig, damit so ein modernes Denken innerhalb einer Organisation überhaupt funktionieren kann?
Es kommt auf folgenden Dreiklang an: erstens im Betrieb keine autoritären, sondern nur funktional begründete Hierarchien installieren. Zweitens keine singulären Aufgaben erteilen, sondern teambezogene Projekte definieren – und dann das Team selbstorganisiert handeln lassen. Drittens die Leistung der Mitarbeiter nicht pauschal belohnen, sondern individuell zugeschnittene Anerkennung schenken. Für die jungen Leute ist es wichtig, als eigenständige Persönlichkeit wahrgenommen und „erkannt“ zu werden.

Guter Kommunikationsstil ist entscheidend

saatkorn.: Was sind Ihre Handlungsempfehlungen für Unternehmen, insbesondere KMU?
Chefs, die das eben Gesagte hinbekommen, generieren unter ihren jungen Mitarbeitern eine überraschend hohe Motivation. Und die lässt sich weiter steigern, wenn sie offen, klar und fair kommunizieren. Die jungen Leute haben ein sehr ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Das heißt umgekehrt: ein schiefes Wort, eine flapsige Beurteilung, eine spöttisch formulierte Kritik wird unversehens als Kränkung oder Ungerechtigkeit empfunden. Deshalb wird der gute Stil in der betrieblichen Kommunikationskultur immer wichtiger werden.

saatkorn.: Herr Haller, vielen Dank für das Interview.

Buchverlosung „Was wollt Ihr eigentlich“?

Um zu gewinnen, musst Du nur 2 Dinge tun:

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  2. Schick mir eine Mail mit dem Stichwort „Gen Y“ an: saatkorn@googlemail.com

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

2 Gedanken zu „Wie verändert sich die Generation Y?

  • 3. Mai 2016 um 11:15
    Permalink

    Hallo Gero,

    eigentlich ein bis zur Unendlichkeit durchgekauter Kaugummi, dieses Thema Generation Y. Allerdings habe ich mich in deiner Einleitung kurz erschrocken. Hat da doch tatsächlich mal jemand den Fakt der Sichtweisenänderung berücksichtigt und in ein Verhältnis zur Verantwortungsübernahme gesetzt? Chapeau! Ich ziehe hiermit meinen Hut!

    Ich zitiere jetzt einfach mal dreist aus meinem Blogpost dazu:

    Grundsätzlich halte ich es für relativ groben Unfug junge Menschen ohne wirklich relevante Arbeitserfahrung nach ihren Ansprüchen in der Arbeitswelt zu befragen und diese Ergebnisse dann mit etablierten Arbeitsbedingungen zu vergleichen

    […]

    Die damalige Hippie-Freigeist-Woodstock-Generation, sitzt übrigens heute in Vorständen von Großkonzernen, wohnt in spießigen Vororten, trinkt viel zu teuren Wein und spielt Golf… Das sollte man bei der ganzen Diskussion einfach mal zwischendurch berücksichtigen.

    Schöne Grüße, Felix

    Antwort
    • 4. Mai 2016 um 09:22
      Permalink

      Moin Felix, ja, gute Analogie. Wenngleich wir erst in Zukunft sehen werden, wie sich Generationen wirklich entwickeln. Besten Gruß, Gero

      Antwort

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