Warum internes Employer Branding oft scheitert

Internes Employer Branding und der Mitarbeiter als Markenbotschafter: davon träumen alle Arbeitgeber. Vor diesem Hintergrund heute mal saatkorn. in eigener Sache.

Wie der ein oder andere Leser weiß, bin ich in meinem Hauptjob als Geschäftsführer der Employer Branding Agentur TERRITORY EMBRACE vielfach bei (potenziellen) Kunden unterwegs. Seit gut einem Jahr auch immer häufiger gemeinsam mit meinem Kollegen Stefan Wagner, der auch mittlerweile seit mehr als 18 Jahren mit Personalmarketing und Employer Branding Themen im Markt unterwegs ist. Gemeinsam haben wir hunderte Gespräche mit HR-Verantwortlichen geführt. Gut – vor einige Jahren noch nicht so sehr über strategisches Employer Branding. Damals ging es mehr um bunte Bilder (bei vielen übrigens heute auch noch). Aber in den letzten 12 Monaten finden Employer Brand Themen immer mehr auf der Top-Führungsebene Beachtung. Sicher hat dies auch damit zu tun, dass Arbeitgeber nun endgültig zu spüren bekommen, dass Demografie und Digitalisierung es unvermeidbar machen, sich mit den Herausforderungen auseinanderzusetzen. Die Frage ist nur, ob diese Auseinandersetzung tatsächlich ernst gemeint ist. Momentan würden wir diese Frage meist mit einem klaren „Nein“ beantworten.

Internes Employer Branding: Geschichten kann nur der Mitarbeiter erzählen

Aber ein kleiner Blick zurück:
Als Employer Branding aufkam, ging es zunächst meist um schöne Anzeigen und bunte Bilder. Anschließend kam die Phase, dass man untereinander gemessen hat, wer die besten Arbeitgeberleistungen bietet. Die Vielzahl der Arbeitgeber befindet sich auch heute noch in einer dieser Phasen. Zukunftsweisendes Employer Branding bedeutet heute aber: Storytelling unter einer klar ausgerichteten Employer Brand. Und allerspätestens jetzt muss das eingelöst werden, was eigentlich jeder unterschreiben kann, der sich ernsthaft mit dem Thema befasst: Inhaltelieferant und die Geschichtenerzähler kann nur einer sein – Der eigene Mitarbeiter! Denn eine gute Employer Brand entsteht immer insightbasiert! Und damit steht internes Employer Branding im Fokus.

Und wie sieht heute die Realität aus?
Viele Arbeitgeber schmücken sich – unter dem Dach einer häufig austauschbar Employer Brand – mit mehr oder weniger guten Testimonials aus Reihen der Mitarbeiter. Das Spektrum reicht von Textwüsten bis hin zu wirklich guten Filmproduktionen. Aber was bitteschön sagen 5 oder 10 oder auch 20 Testimonials auf der HR-Website tatsächlich über ein Unternehmen aus. Vor 3 Jahren war man damit vielleicht noch ganz vorne. Heute nicht mehr. Vor allem nicht in Zeiten von Transparenz durch Digitalisierung und Social Media.

Gutes Employer Branding ist insightbasiert

Gutes Employer Branding ist insightbasiert. Muss es da nicht so sein, dass man vielmehr 10% oder mindestens 5% der Mitarbeite als Protagonisten hinter eine Employer Brand bekommt? „10% von sagen wir mal 5.000 Mitarbeitern – das sind ja 500!“ Ja, das sind 500 – wo ist das Problem? Wenn ein Unternehmen nicht 10% Fürsprecher in seinen Reihen hat läuft doch irgendwas falsch – oder? Noch deutlicher: Wenn dies nicht gelingt, sollte das Unternehmen mal darüber nachdenken, an welchen Stellschrauben gedreht werden muss. Anderenfalls machen es über kurz oder lang die Mitarbeiter.

Wir haben den Eindruck, dass es nicht an den Mitarbeitern liegt sondern vielmehr daran, dass die allermeisten Unternehmen Employer Branding und Arbeitgeberattraktivität immer noch nicht ernst genug nehmen. Zugegeben: Geld ist bei weitem nicht alles, entscheidend ist die gute Idee für gutes Employer Branding. Stimmt die nicht, macht es das Geld auch nicht. Aber lassen Sie uns trotzdem mal über Geld reden. Gutes Employer Branding ist insightbasiert. Die Wurzeln liegen also in der internen Kommunikation und den Leistungen die einen Arbeitgeber attraktiv machen (dazu in einem der nächsten Artikel mehr). Interne Kommunikation heißt im Falle der Employer Brand, die Mitarbeiter müssen zunächst Einblicke geben, auf welchen Pfeilern die Brand inhaltlich aufsetzen kann. Ist das geschehen und die Employer Brand möglichst und als Teil der Corporate Brand trennscharf definiert, muss es dem Arbeitgeber gelingen, die Mitarbeiter mit der Employer Brand vertraut zu machen. Hier geht es dann aber bitte um mehr als ein Plakat in der Kantine.

Geiz ist geil! – Wirklich?

Wie viele Euro Investition pro MitarbeiterIn wären denn akzeptabel und ausreichend, um die MitarbeiterInnen zu MarkenbotschafterInnen zu machen? 1 €? 10 € oder gar wagemutige 100 €? – Zugegeben, die Frage ist natürlich rhetorisch und Nein, wir wollen und dürfen die Mitarbeiter nicht „kaufen“. Wir müssen sie fit machen als Botschafter, wir müssen sie einbinden, informieren und uns mit ihnen auseinandersetzen. Gehen wir mal von einem Unternehmen mit 2.000 MitarbeiterInnen aus. Dann würde das Budget für Internes Employer Branding zwischen 2.000 € und 200.000 € pendeln. Mit letzterem Betrag kann man gut anfangen zu arbeiten.

Wie viele Euro Investition pro MitarbeiterIn wären denn akzeptabel und ausreichend, um die MitarbeiterInnen zu MarkenbotschafterInnen zu machen?
Wie viele Euro Investition pro MitarbeiterIn wären denn akzeptabel und ausreichend, um die MitarbeiterInnen zu MarkenbotschafterInnen zu machen?

Das ist viel? Nein, das ist lächerlich wenig. Überträgt man das Ganze auf Konzerne, wird es – was die Budgetvorstellungen von gutem internen Employer Branding angeht – in der Regel völlig abstrus. Da wird erwartet, dass für einen 80.000 Mann – (bzw. Frau) – Konzern für 250.000 € grandiose Kommunikationsmaßnahmen umgesetzt werden. Würde ein pro MitarbeiterIn-Budget von knapp über 3 € bedeuten. Lachhaft? Nein – beschämend solche Budgets zu definieren und gleichzeitig von „Mitarbeitern als höchstem Gut“ zu sprechen.

Internes Employer Branding: Lackmustest leider nicht bestanden

Sagen wir doch mal, ihr Unternehmen hat 10.000 Mitarbeiter. Davon möchten sie die genannten 10% hinter die Marke bekommen – 1.000 Mitarbeiter also. 1.000 Fürsprecher im Markt. Super – oder? Nur ganz wenige haben überhaupt so viele Stimmen im viel zitierten Kununu. Das möchten wir in 18 Monaten erreichen – also bis Ende 2017. Für jeden dieser Menschen investieren sie 30 Euro/Monat – das ist 1 Euro am Tag. Okay, oder? Tatsächlich? Die Realität spricht leider eine andere Sprache. Dies wäre nämlich ein Budget von 360.000 Euro im Jahr. Rechnen wir nochmal die Hälfte als Puffer für besondere Maßnahmen (beispielsweise ein größeres Event) dazu, um das Ziel zu erreichen. Dann sind wir bei 540.000 Euro. Zugegeben eine Milchmädchenrechnung die sicher nicht ganz aufgeht, aber eher eine untere Grenze darstellt. Aber selbst das investiert nach unseren Beobachtungen kaum ein Unternehmen. Nicht 1 Euro pro Tag pro Markenbotschafter – schade. Lackmustest für ernsthaftes Employer Branding das von Mitarbeitern kommt: leider nicht bestanden. Durchgefallen, setzen.

Machen wir so weiter! Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden die ersten Unternehmen Krokodilstränen weinen, dass die Talente sie nicht mehr wollen. Es gibt durchaus Bereiche, in denen ist das verkraftbar. Andernorts, beispielsweise im Sozialbereich oder in Themenfeldern wie Infrastruktur oder Sicherheit … sicher nicht. Da geht es an die Grundfesten unserer Gesellschaft. In unseren Augen müssen Arbeitgeber zunächst konsequent in das „Produkt Arbeit“ investieren. Wenn Gehalt, Arbeitszeiten, Family Care, Kultur stimmen, kann man auf der Basis vernünftiges internes Employer Branding machen und sich darauf verlassen, dass Mitarbeiter zu Markenbotschaftern werden. Das funktioniert im Produktmarketing ja auch nur dann, wenn das Produkt selbst stimmt. Und trotzdem wird danach massiv in Branding investiert. Warum sollte das in Zeiten, wo Kandidaten wie Kunden behandelt werden sollten, im Personalmarketing anders laufen?

Die Idee, dass internes Employer Branding kein Geld kosten darf, kommt aus einer Zeit, die längst vorbei ist, nämlich der Zeit, in der Arbeitgeber die klare Marktmacht hatten.
Wir sind gespannt was Ihr, liebe saatkorn. LeserInnen, dazu denkt!

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

4 Gedanken zu „Warum internes Employer Branding oft scheitert

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  • 25. November 2016 um 10:35
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    Hallo,

    ein sehr interessanter und transparenter Gedankengang!

    Viele HR-Verantwortliche, die diesen Artikel jetzt lesen und womöglich (hoffentlich) nicken, stellen sich aber nun die Frage, wie sich der „Erfolg“ dieser Investitionen messen und nachweisen lässt! Und auch wenn bei kleineren Unternehmen diese Investitionen nicht 500.000 € sondern vllt. „nur“ 15.000 € ausmachen, dann ist dies teilweise schon ein echter Kampf ums Budget.

    Natürlich ist klar, dass langfristig ein Mangel an qualifizierten Mitarbeitern (die nicht kurz vor der Rente stehen) VIEL kostspieliger ist. Aber beim Budget geht´s halt um die Geschäftsjahre. Und da bedarf es schon der Möglichkeit, etwaige Erfolge (aber ehrlicherweise auch Misserfolge) messen zu können.

    Ad hoc fallen mir da Lösungen wie firstbird und talentry ein, um Transparenz zu schaffen, aber die authentischen Inhalte müssen natürlich von den Insight´s kommen (und nicht von oben vorgegeben!).

    In jedem Fall, vielen Dank für den Denkanstoß!

    Beste Grüße,

    Jakob

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