Studie: Schlechte Stellenanzeigen verprellen Azubi-Bewerber

Schlechte Stellenanzeigen verprellen die Hälfte der Azubi-Bewerber

Filippo ist 17 Jahre alt und angehender Kaufmann im Groß-und Außenhandel. Die Suche nach seinem Ausbildungsplatz war langwierig, aufwendig und teilweise sehr frustrierend – viele Absagen oder gar keine Rückmeldung. So wie Filippo ging es im letzten Jahr vielen Jugendlichen. Im Ausbildungsjahr 2016 konnten laut Berufsbildungsbericht 43.500 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden, während 20.600 Jugendliche angaben, keinen Platz gefunden zu haben. Die Zahlen für 2017 sehen ähnlich aus.

Jugendliche und Unternehmen scheinen beim Thema Berufsausbildung einfach nicht mehr zusammen zu finden. Das liegt vor allem auch daran, dass sie über unterschiedliche Kanäle kommunizieren und so aneinander vorbei sprechen. Laut der aktuellen JIM-Studie (Jugend, Information, (Multi-) Media) des Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest besitzen fast 100 Prozent aller Jugendlichen über 14 Jahre ein eigenes Smartphone. Die beliebtesten Kommunikationswege sind via WhatsApp, Instagram und Snapchat. 89 Prozent sind täglich im Internet unterwegs und ‚Ausbildung/Beruf’ ist mittlerweile unter den Top drei Trendthemen bei den Jugendlichen. Im Klartext: die Jugendlichen sind mobil und haben ein klares Bedürfnis nach Informationen zu Ausbildung und Beruf. Dem gegenüber stehen laut Seybold Sichtbarkeitsstudie nur 30 Prozent der mittelständischen Unternehmen, die über eine mobil optimierte Webseite verfügen. Doch auch bei den DAX Unternehmen sieht es kaum besser aus: Nur 30 Prozent bieten potenziellen Bewerbern ein mobil optimiertes Bewerbungsformular.

Schlechte Stellenanzeigen – sowohl analog als auch digital

Erschwerend hinzu kommt, dass viele Stellenanzeigen für Azubis häufig eher zum Davonlaufen sind, als dass sie Lust auf eine Bewerbung wecken würden. Einen Bewerber für die Ausbildung zum Gebäudereiniger lockt man wohl kaum mit der Unternehmensphilosophie „Wir lösen Probleme“ oder „Spaß am Umgang mit Technik“. Ein Unternehmen aus Hannover will Jugendliche mit diesem Satz für ihre Ausbildung zum Lagerlogistiker überzeugen: „Das bieten wir dir: Deine Berufsausbildung dauert 3 Jahre und qualifiziert dich in Theorie und Praxis für einen abwechslungsreichen Beruf.“ Ein Dachdecker in Westfalen braucht für die Ausbildung „Spaß am Arbeiten im Outdoorbereich“.

Mit nichtssagenden Standard-Floskeln, Buzzwords oder Fachausdrücken können Jugendliche in der Regel überhaupt nichts anfangen. Dies führt dazu, dass Stellenanzeigen häufig als unglaubwürdig wahrgenommen oder gar nicht erst vollends verstanden werden. In einer aktuellen Umfrage der Azubi-App TalentHero von meinestadt.de gab unter den 1.000 befragten Jugendlichen nur rund ein Drittel an, dass sie die letzte Stellenanzeige, die sie gesehen haben, absolut glaubwürdig fanden. Nur 36 Prozent fanden, dass sie absolut verständlich formuliert war. Lust auf eine Bewerbung hatten nach dem Lesen der Stellenanzeige nur noch insgesamt 28 Prozent. Fast die Hälfte der Befragten hat sogar schon mal eine Bewerbung abgebrochen, weil die Stellenanzeige zu schlecht war. Schlechte Stellenanzeigen sind also leider kein Einzelfall.

Schlechte Stellenanzeigen: auch der Informationsgehalt stimmt nicht

In Sachen Informationsgehalt sind laut der Umfrageergebnisse für Ausbildungssuchende die drei wichtigsten Informationen in Stellenanzeigen der Arbeitsort (54 Prozent), die Entwicklungsmöglichkeiten nach der Ausbildung (52 Prozent) und das Gehalt (51 Prozent). Während zumindest der Arbeitsort laut den Befragten auch fast immer angegeben wird, werden Informationen zum Ausbildungsgehalt und zu Entwicklungsmöglichkeiten von der Hälfte der Befragten nur manchmal, selten oder gar nie in Stellenanzeigen gefunden. Weitere sehr wichtige Kriterien sind für 41 Prozent die Übernahmequote des Unternehmens und 39 Prozent wünschen sich zusätzliche Weiterbildungsangebote. Ob ein Jobticket für Bus und Bahn angeboten wird oder nicht, ist für ein Drittel der Befragten sehr wichtig. Infos dazu finden 42 Prozent der Umfrageteilnehmer allerdings nur selten oder sogar nie in Stellenangeboten.

Neben den ‚klassischen’ Informationen in Stellenanzeigen, geht die Umfrage sogar noch einen Schritt weiter: Die Bewertungs- und Empfehlungsmechanismen, die uns bereits bei Hotels, Restaurants und im Online-Handel maßgeblich bei Kaufentscheidungen beeinflussen, machen künftig auch vor Stellenanzeigen nicht Halt. Die Hälfte der Jugendlichen wünscht sich bereits jetzt in Stellenanzeigen Angaben zu Bewertungen des Ausbildungsbetriebs durch die Mitarbeiter. Weitere 40 Prozent wünschen sich eine Möglichkeit, um mit aktuellen Azubis zu chatten, bevor sie sich bewerben, zum Beispiel per Messenger-Dienst. Mehr als ein Drittel würde gerne Interviews mit aktuellen oder ehemaligen Azubis in Textform lesen.

Schlechte Stellenanzeigen sind leider aus Azubi-Bewerber-Sicht der Standard
Schlechte Stellenanzeigen sind leider aus Azubi-Bewerber-Sicht der Standard

Konsequenzen für Unternehmen

Obwohl bereits die meisten Unternehmen erkannt haben, dass ohne online verfügbare Stellenangebote mittlerweile kein Auskommen mehr ist, werden die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Kanäle noch lange nicht ausgeschöpft. Der schlichte Wechsel vom örtlichen Blättchen zur Online-Stellenbörse reicht nicht aus, um Jugendliche bei der Ausbildungssuche optimal anzusprechen und für das Unternehmen zu gewinnen. Azubi-Recruiting in der Generation Y und Z muss von Grund auf neu gedacht und an die Bedürfnisse der Jugendlichen angepasst werden. Nur so kann dem Fachkräftemangel künftig nachhaltig die Stirn geboten werden. Schlechte Stellenanzeigen verschlimmern das Problem eher…

Katja Haack
Katja Haack

Dies ist ein saatkorn. Gastbeitrag von Katja Haack. Seit Anfang 2014 ist Katja Haack bei meinestadt.de an Bord, war zunächst in der Kölner Zentrale Teil des Produktmanagements und wechselte anschließend ins Executive Support Team um interdisziplinäre Projekte zu leiten. Seit 2016 leitet sie am Münchner Standort das Team rund um die Azubi-App TalentHero.

Über die TalentHero App von meinestadt.de

TalentHero hat es sich zur Aufgabe gemacht, Bewerber und Unternehmen bei dem Thema Ausbildung wieder zusammen zu bringen. Jugendliche bekommen Orientierungshilfe, finden Stellenanzeigen und können sich professionell mit allen Unterlagen via App bewerben. Für Unternehmen ist TalentHero ihre mobile Karriereseite, vom Unternehmensprofil, über Stellenanzeigen, bis hin zu Veranstaltungen – alles in einem zeitgemäßen Design auf dem Smartphone.

TalentHero setzt einen neuen Standard im Azubi-Recruiting der mobilen Generation und hilft Unternehmen so ihre Zukunft zu sichern.

Über die Umfrage

Die Azubi-App TalentHero von meinestadt.de hat im November 2017 in Zusammenarbeit mit dem Umfrageinstitut Innofact AG 1.000 Ausbildungssuchende und Auszubildende zu ihrer Sicht auf Ausbildungsstellenanzeigen befragt.

 

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert