Neue Studie von InKonstellation: kaum Förderer unter Führungskräften
Neue Studie von InKonstellation: kaum Förderer unter Führungskräften
Förderer und Blockierer: welche Rolle spielen Führungskräfte im Thema Weiterbildung? – Timo Schlage hat sich mit seinem Team von InKonstellation um diese Frage gekümmert. Und ich konnte mit ihm darüber sprechen. Auf geht’s:
SAATKORN: Timo, bitte stelle Dich den SAATKORN Leser:innen kurz vor.
Mein Name ist Timo Schlage. Ich habe 2013 das Unternehmen InKonstellation gegründet. Seitdem wurden von uns über 3.000 Coaches ausgebildet – wir sind damit die Nr. 1 für systemische Coachingausbildungen in Deutschland. Die Teilnehmenden an unseren rund 30 Ausbildungsgängen pro Jahr sind mittlerweile nicht mehr nur Menschen, die im klassischen Sinn „Coach“ werden möchten. Darunter befinden sich zum Beispiel auch viele Führungskräfte, die ihren Job besser machen möchten, indem sie Coachingtechniken erlernen, um ihre Mitarbeitenden zu motivieren und zu fördern. Unsere Ausbildungen schärfen den Sinn dafür, Bedingungen und Möglichkeiten menschlichen Handelns in sozialen Systemen wahrzunehmen, zu verstehen und in gemeinsames Handeln zu überführen.
SAATKORN: Eure frisch veröffentlichte Studie heißt „Förderer und Blockierer“. Wie seid ihr auf das Thema gekommen, wie habt ihr die Studie umgesetzt?
In unserer letzten Studie sind wir dem Einfluss von KI auf die menschliche Zusammenarbeit nachgegangen. saatkorn hat darüber berichtet. Die Bedingungen von Führung und Zusammenarbeit ändern sich ja ständig, da möchten wir dranbleiben. Bei dieser Studienrunde ging es noch stärker um den menschlichen Faktor von Zusammenarbeit. Wir bilden Menschen aus, die positiv auf die Entwicklung anderer Einfluss nehmen möchten, also Förderer. Führungskräfte spielen hier eine besondere Rolle und das Thema „Führung“ liegt mir dabei persönlich auch besonders am Herzen. Zum einen arbeite ich schon lange selbst als Führungskraft, zum anderen bin ich natürlich als Coachingausbilder damit beschäftig, ein Umfeld zu schaffen, indem Menschen das Beste aus sich und anderen herausholen können. Aber zurück zur Studie: Wir haben uns also gefragt, wie Beschäftigte in Deutschland auf Förderer und auf Blockierer blicken. Dazu haben wir durch das Marktforschungsinstitut Bilendi im Januar 2025 über 1.000 Beschäftigte online befragen lassen.
SAATKORN: Was ist das Kernergebnis eurer Studie?
Wir haben danach gefragt, wen Menschen als beruflichen Förderer erleben. Hier nennen 53% die eigenen Eltern. Führungskräfte kommen nur mit 16% vor, Kolleginnen und Kollegen mit 6%. Das ist in der Tat überraschend, weil wir nicht allgemein nach Förderung gefragt haben, sondern nach dem Unterstützung und Förderung bei der beruflichen Entwicklung. Nach unserem Verständnis sollten Führungskräfte dabei eine Hauptrolle spielen. Das nimmt ein Großteil der Beschäftigten aber offensichtlich anders wahr. Der Anteil von Beschäftigen, die ihre Führungskraft als Förderer nennen, ist selbst bei den 30-39 Jahre alten Befragten gering und liegt bei 24%. Bei jungen Beschäftigen zwischen 18 und 29 Jahren liegt er sogar nur bei 8%, was ich für dramatisch halte. Zu wünschen wäre volkswirtschaftlich sowie aus der Perspektive individueller Entwicklungsgeschichten doch eigentlich, dass ein Großteil der Beschäftigten möglichst früh mit Fördererpersönlichkeiten in Kontakt kommt.
SAATKORN: Welche Eigenschaften zeichnen Fördererpersönlichkeiten aus?
Der Studie zufolge sticht eine Eigenschaft besonders hervor: Respekt. Das ist das einzige Kriterium, bei der bei der Frage nach den Förderer-Eigenschaften eine Mehrheit sich für die „Trifft voll zu“-Option entschieden hat (57%). Danach folgen Empathie (47%) und Aktives Zuhören (44%). Addiert man die „Trifft voll zu“- mit den „Trifft zu“-Nennungen, so spricht jeweils eine sehr große Mehrheit den Förderern diese drei Eigenschaften zu. Förderer begegnen also anderen Menschen mit Wertschätzung (Respekt), haben die Fähigkeit, sich gut in die Lage von anderen hineinzuversetzen (Empathie) und reagieren einfühlsam und mobilisierend in Gesprächen (Aktives Zuhören). Förderer stellen die richtigen Fragen, die ihre Gesprächspartner dazu anregen, neue Perspektiven und Lösungen zu finden.
SAATKORN: Jetzt habt ihr ja nicht nur nach Förderern gefragt, sondern auch nach Blockierern…
Stimmt. 67% der Befragten haben keine Erfahrungen mit Menschen gemacht, die sie beruflich in besonderer Weise blockiert haben. Das ist erst einmal gut. Weniger gut ist, dass 16% hier wiederum die eigene Führungskraft nennen. Das ist die am häufigsten erwähnte Personengruppe. Das heißt Führungskräfte werden ebenso oft als Blockierer wie als Förderer erlebt. Am zweithäufigsten werden mit 14% Kolleginnen oder Kollegen genannt. Bei drei Vierteln der Beschäftigten mit Blockierer-Erfahrung haben die Blockierer „stark“ (47%) oder sogar „sehr stark“ (28%) auf die eigene Entwicklung Einfluss genommen.
SAATKORN: Welche Eigenschaften werden den Blockierern zugeschrieben?
Wir haben hier dieselben Items abgefragt wie bei den Förderern. Natürlich werden die Blockierer hier insgesamt deutlich kritischer gesehen. So schätzen 56% die Eigenschaft „Respekt“ bei ihnen negativ ein, beim Thema „Empathie“ sind es 60% und beim „Aktives Zuhören“ 55%. Überraschend aber ist eher, dass ein nicht geringer Teil der Beschäftigten ihren Blockierern durchaus positive Eigenschaften zugesteht. Bei „Respekt“ sind es zum Beispiel 44%, bei „Empathie“ 41%. Weniger gnädig als das Urteil über ihre Eigenschaften fällt der Blick auf das Verhalten der Blockierer aus. An erster Stelle steht hier die destruktive und herabsetzende Kritik, die 77% bei ihnen beobachtet haben oder eine überzogene und einschränkende Art der Kontrolle (72%).
SAATKORN: Welche Handlungsempfehlungen leiten sich aus der Studie für HR ab?
Geht es nach den befragten Beschäftigten, so können Unternehmen einiges dazu beitragen, dass es mehr Förderer gibt. Dazu zählen zum Beispiel eine offene Kommunikationskultur (57% „Trifft voll zu“), die Verankerung von Wertschätzung und Entwicklung als Werte in der Kultur des Unternehmens (58%) sowie die Schulung von Führungskräften (51%). Auch aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, wenn wir in den Unternehmen und in anderen Organisationen mehr Fördererpersönlichkeiten aufbauen könnten. Das HR-Management ist als Kulturarchitekt in den Organisationen dafür mitverantwortlich, dass ein solches Klima geschaffen wird. Die Verbreitung von Coachingfähigkeiten kann dazu aus unserer Sicht einen Beitrag leisten. Menschen, die sich mit Coachingtechniken vertraut gemacht haben, können wie Hefe für eine positive Förderungskultur wirken. Denn sie verinnerlichen dadurch Werte wie Wertschätzung und Empathie als Grundlagen einer guten Zusammenarbeit und erlernen Techniken, wie sie sich und andere neue Perspektiven eröffnen und Handlungsalternativen aufzeigen können.
SAATKORN: Timo, herzlichen Dank für das Interview – und weiterhin viel Spaß und Erfolg mit InKonstellation!
Das Whitepaper zur Studie von InKonstellation steht zum kostenlosen Download zur Verfügung: https://www.in-konstellation.de/wp-content/uploads/2025/02/Studie_Foerderer-und-Blockierer_Februar_2025.pdf