Crowdsourcing und Recruiting

Schon länger hatte ich das Thema „Crowdsourcing“ auf dem Programm. Da traf es sich doch sehr gut, dass ich vor wenigen Tagen Claudia Pelzer kennen gelernt habe, die den Crowdsourcingblog betreibt und somit fundierte Kenne zum Thema aufweisen kann.  Claudia Pelzer (30) ist Medien-Ökonomin, hat ein internationales MBA-Studium absolviert und promoviert zum Thema Crowdsourcing. Sie arbeitet in Köln als Medien-Beraterin, Autorin und Bloggerin, verfasst Studien und organisiert verschiedene Branchenevents. Ihr Interessenschwerpunkt liegt dabei auf neuen Trends und Strömungen im Medienbereich und deren Auswirkungen auf die Branche. Mit ihrer Plattform Crowdsourcingblog.de hat sie einen Informationsknotenpunkt rund um Themen wie Crowdsourcing, Crowdfunding, Microworking und Virtual Workplace geschaffen. Sie ist Gründerin und Vorstandsvorsitzende des Deutschen Crowdsourcing Verband (DCV) e.V.

Also – auf geht’s: 

Crowdsourcing und Recruiting

saatkorn.: Erkläre den saatkorn. LeserInnen doch bitte das Thema Crowdsourcing!
Crowdsourcing ist ein Neologismus, der sich aus ‘Crowd’ und ‘Outsourcing’ zusammensetzt. Der Prozess hat seinen Ursprung im Bereich Open Innovation und beschreibt die Auslagerung von Arbeits- und Kreativprozessen an die Masse der Internetnutzer. Das Wort als solches wurde in 2006 erstmals von Jeff Howe in einem Wired Artikel erwähnt. Crowdsourcing hat verschiedene Unterkategorien, unter anderem Crowdfunding (die Community finanziert gemeinsam ein Projekt), Co-Creation (die Community erschafft gemeinsam ein kreatives Werk) oder Mircroworking (die Community erfüllt kleinere (Teil-)Aufgaben wie z.B. Texterkennung, die final wieder zu einem Gesamtergebnis zusammengesetzt werden).

saatkorn.: Welche Ansatzpunkte siehst Du für Crowdsourcing in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing und Rekrutierung?
Ich glaube zunächst einmal muss man sich die Herausforderungen ansehen, die mit dieser neuen Schnittmenge entstehen und sich die Frage stellen, inwiefern Crowdsourcing die Arbeitsumfelder und damit auch die Rekrutierungsprozesse verändert. Ich möchte fast sagen umkrempelt. Den Verantwortlichen wird in Zukunft mehr und mehr die Aufgabe zukommen, überhaupt zu entscheiden, ob ein fester Mitarbeiter für bestimmte Tätigkeitsfelder gebraucht wird, oder ob sich bestimmte Aufgabenbereiche nicht besser durch Crowdsourcing, also ein fluides Netzwerk an Spezialisten abbilden lassen. Rekrutierung wird in Zukunft immer mehr zur beweglichen Problemlösungsstrategie.

Zudem werden wir durch die Vermehrte Nutzung von Crowdsourcing Plattformen (und das gilt insbesondere für die Kreativ- und IT Industrie) in Zukunft immer mehr Spezialisierung, ja ‚Hyperspezialisierung’ erfahren. Dieses neue Hyper-Expertentum ist äußerst wertvoll, der War for Talents wird sich demnach weiterhin zuspitzen – nur eben mit Angebot und Nachfrage auf globaler Ebene. Durch Crowdsourcing Markplätze wie odesk, Elance oder Guru.com habe ich plötzlich Zugang zu einem internationalen Experten Pool, und das sehr viel besser skalierbar als je zuvor. Verläuft die Zusammenarbeit gut, ergeben sich hieraus wiederum langfristige Arbeitsbeziehungen. Dass die Betreuung der Remote Worker ganz neue Vorgehensweisen und Organisationsstrukturen erfordert versteht sich dabei von selbst.

Eine weitere Herausforderung: Für Unternehmen bedeuten die neuen Online Mechanismen, Pattformen und Netzwerke eine nie dagewesene Transparenz. Man nehme nur einmal Dienste wie Glassdoor.com, aber auch die unternehmenseigenen Netzwerke und Communities tragen ihr Übriges zur Informationsverbreitung bei.

saatkorn.: Gibt es bereits konkrete Beispiele, in denen Unternehmen zur Mitarbeitergewinnung und -bindung Crowdsourcing einsetzen?
Ein Ansatzpunkt sind Anzeigen- und Imagekampagnen. Best Buy, bereits bekannt für derlei Innovative Ansätze im Umgang mit den eigenen Mitarbeitern, hat bereits die Formulierung von einzelnen Stellenbeschreibungen an die Mitarbeiter selbst rausgegeben. Mit weitaus besseren, praxisnäheren Resultaten als dies zuvor der Fall war. Und auch ImmobilienScout24 hat auf der Crowdsourcing Plattform Jovoto.com nach einer ‚überzeugenden Personal-Image-Kampagne, die den Bekanntheitsgrad von ImmobilienScout24 als Top-Arbeitgeber steigert und es ins Relevant Set der Bewerber/-innen ruft’ gesucht (http://www.jovoto.com/contests/excitement-on-the-job/landing).

Aber auch ohne entsprechende Kampagnen wird es immer komfortabler für Recruiter die geeigneten Personen, sprich Experten für bestimmte Themen auszumachen. Neben internen Mitarbeiter-Empfehlungen oder solchen, die aus der weiteren firmeneigenen Community kommen, bzw. Gamification Ansätzen wie Fliplife.com oder ‚My Marriot Hotel’ auf Facebook (http://apps.facebook.com/mymarriotthotel/) bringt das Web weitere spannende Neuerungen. Durch den Social Media Graph lassen sich im Handumdrehen die relevanten Opinion Leader für einzelne Themenkreise ausmachen – beispielsweise via Klout oder Empireavenue.

Aber auch hier muss sich nicht zwangsläufig alles um langfristig gebundene Mitarbeiter drehen. Interne und externe Ideenwettbewerbe (z.B. über Plattformen wie Innocentive.com) bieten Firmen die Möglichkeit Problemlösungen und Kreativaufgaben zu crowdsourcen.

saatkorn.: Gibt es Tools, die man beispielsweise einsetzen kann, um den möglichen Werbeeffekt von Stellenanzeigen oder Personalimageanzeigen zu überprüfen?
Ja, die gibt es. Microworking Plattformen wie Clickworker (aber auch US-Anbieter wie MTurk oder CrowdFlower) können entsprechende Umfragen durchführen und so zum Beispiel die Reaktion auf eine Anzeige oder ein Unternehmens-Image abfragen.

saatkorn.: Kannst Du Lektüre zum Thema (on- oder offline) empfehlen?
Die großen online Industry Sites Crowdsourcing.org und dailycrowdsource.com – und natürlich Crowdsourcingblog.de 😉 bieten einen guten Überblick zu aktuellen Aktionen, Entwicklungen und Plattformen. Als Einstiegslektüre kann ich in jedem Fall ‚Crowdsourcing: Why the Power of the Crowd Is Driving the Future of Business’ von Jeff Howe empfehlen, zumal dieses Buch das Fundament für den Begriff Crowdsourcing gelegt hat und das Prinzip von Grund auf erläutert. Zum Thema Recruitment & Crowdsourcing lohnt es sich einmal einen Blick in ‚The 2020 Workplace: How Innovative Companies Attract, Develop, and Keep Tomorrow’s Employees Today’ zu werfen.

saatkorn.: Liebe Claudia, herzlichen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg mit dem CROWDSOURCINGBLOG.

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

Ein Gedanke zu „Crowdsourcing und Recruiting

  • 12. Mai 2014 um 11:08
    Permalink

    Hallo,

    hier noch eine Video Crowdsourcing-Plattform, die Filmemacher und Marken zusammenbringt, um gemeinsam innovative Videoinhalte zu produzieren. http://www.crevideo.de

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