Universum Student Survey 2023

Universum Student Survey 2023
Plötzlich als Arbeitgeber attraktiv: Energieversorger und Rüstungsunternehmen

Im aktuellen Fachkräftemangel ist es ein entscheidender Vorteil für Unternehmen, genau zu wissen, worauf Studierende bei ihrem Berufseinstieg Wert legen. Spannend ist auch die Frage: Welche Arbeitgeber schaffen es bereits, Studierende zu begeistern? Genau danach befragt die Employer-Branding-Beratung Universum jährlich Studierende weltweit. Ich habe David Falzon, Country Manager Germany von Universum, zu den wichtigsten Ergebnissen des Universum Student Survey 2023 und den darauf basierenden Rankings der Attraktivsten Arbeitgeber für Deutschland befragt. Dafür hat Universum zwischen September 2022 und März 2023 deutschlandweit über 35.500 Studierende verschiedener Fachbereiche befragt. Auf geht’s ins Interview:

SAATKORN: David, Du bist jetzt für das Deutschlandgeschäft von Universum verantwortlich. Kannst Du Dich den SAATKORN-Leser*innen kurz vorstellen?

Ja klar, gerne. Mein Name ist David Falzon, ich bin in London aufgewachsen und über mein Studium in London und München nach Berlin gekommen, wo ich aktuell lebe. Seit 17 Jahren arbeite ich mit Fokus auf Markenplatzierung und -aufbau, in den vergangenen neun Jahren spezifisch im Employer-Branding-Bereich. Meine Erfahrung zeigt, dass Employer Branding mit zunehmendem Fachkräftemangel immer mehr an Bedeutung gewinnt und gleichzeitig so wertvoll ist. Mich begeistert vor allem, dass ich mit meiner Arbeit Unternehmen unterstütze, die gewünschten Talente zu finden und gleichzeitig Kandidat*innen helfe, den passenden Karriereweg einzuschlagen. Für Universum betreue ich seit 2019 Employer-Branding-Kund*innen in Deutschland. Dabei leite ich Projekte zur Entwicklung einer Employer Value Proposition (EVP), oft mit einer globalen Ausrichtung. Seit April 2023 verantworte ich das komplette Deutschlandgeschäft von Universum.

SAATKORN: Was sind denn die zentralen Ergebnisse der aktuellen Umfrage?

Ein wichtiges Ergebnis ist, dass Unternehmen aus der Energieversorgung und der Rüstungsindustrie im Vergleich zum Vorjahr als Arbeitgeber für Studierende deutlich an Attraktivität gewonnen haben. Während der Corona-Pandemie hatten Unternehmen aus den Bereichen Pharma, Retail, eCommerce und FMCG in den Rankings der Fachbereiche Wirtschaftswissenschaften, Ingenieurwesen, IT und Naturwissenschaften teils stark zugelegt. Diese Unternehmen pendeln sich nun wieder auf dem Vor-Corona-Niveau ein. Es scheint, dass die Unternehmen, die zur Bewältigung einer Krise beitragen, in ihrer Attraktivität als Arbeitgeber steigen.

Waren beispielsweise Rüstungsunternehmen vor der Ukraine-Krise lediglich einer kleinen Gruppe an Interessenten bekannt, hat sich das vermutlich durch den medialen Fokus und die politischen Diskussionen rund um Waffenexporte und die Aufrüstung der Bundeswehr geändert. Firmen wie Rheinmetall und thyssenkrupp sind dadurch bekannter und auch als Arbeitgeber interessanter geworden. Um diesen temporären positiven Effekt allerdings auch längerfristig für ihr Recruiting nutzen zu können, brauchen Unternehmen eine starke Arbeitgebermarke. Geschafft haben das zum Beispiel die während der Corona-Pandemie medial stark fokussierten Impfstoffhersteller BioNTech sowie Johnson & Johnson.
Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass die in der Pandemie gewonnene Bedeutung von flexiblen Arbeitszeiten und Work-Life-Balance bestehen bleibt. Überrascht hat uns, dass die Gehaltserwartungen mit einem Prozent trotz Inflation nur gering gestiegen sind. Gleichzeitig basiert der Anstieg auf den Gehaltsvorstellungen der männlichen Studierenden, sodass sich die Lücke im erwarteten Gehalt (Expected Gender Pay Gap) wieder etwas vergrößert.

SAATKORN: Welche Energieversorgungs- und Rüstungsunternehmen profitieren aktuell am meisten?

Von den Rüstungsunternehmen ist das vor allem Rheinmetall mit einem Sprung von 41 Positionen auf Rang 48 bei Studierenden der IT. Auch im Fachbereich Naturwissenschaften schafft das Unternehmen mit 28 Positionen einen großen Sprung nach oben auf Rang 49. Im Ingenieurwesen-Ranking klettert Rheinmetall 14 Positionen auf Rang 20. Damit ist das Rüstungsunternehmen in den drei Fachbereichen in den Top 50.

Auch thyssenkrupp hat eine Rüstungssparte und realisiert den größten Sprung mit 38 Plätzen auf Rang 47 im Fachbereich Naturwissenschaften. Im Ranking für Wirtschaftswissenschaften sind es immerhin 13 Positionen auf Rang 45. Somit gelingt thyssenkrupp in beiden Fachbereichen der Aufstieg in die Top 50.

Auch Energieversorger wie E.ON, EnBW oder RWE gewinnen deutlich in den Rankings. In die Top 50 schaffen sie es allerdings bislang nur vereinzelt. So zum Beispiel im Fachbereich Ingenieurwesen: Hier klettert EnBW 14 Plätze auf Rang 39. Für RWE geht es acht Positionen nach oben auf Rang 32 und für E.ON drei Positionen auf Rang 33.

SAATKORN: Wie haben sich die Themen verändert, die Unternehmen für Studierende attraktiv machen?

Insgesamt sind diese Themen trotz Inflation und Ukraine-Krieg relativ stabil. Am wichtigsten sind fachübergreifend weiterhin monetäre Aspekte wie ein attraktives Grundgehalt und ein hohes Einkommen in der Zukunft. Das gilt für Männer und Frauen gleichermaßen. Auch eine sichere Anstellung und ein freundliches Arbeitsumfeld sind Studierenden weiterhin besonders wichtig.

Im Vergleich zum Vorjahr haben attraktive Zusatzleistungen, die Möglichkeiten zu internationalen Reisen und Versetzungen, die Anerkennung von Leistung sowie Markterfolg an Bedeutung gewonnen. Letzterer ist beispielsweise bei Studierenden der Wirtschaftswissenschaften vier Rangplätze gestiegen und damit erstmals unter den 10 wichtigsten Arbeitgebereigenschaften. Wir vermuten hier den folgenden Zusammenhang: Von Unternehmen, die für Markterfolg stehen, lässt sich in Bezug auf die so hoch priorisierten monetären Aspekte und auf Jobsicherheit einiges erwarten.

Während der Corona-Pandemie sind flexible Arbeitsbedingungen und Work-Life-Balance deutlich wichtiger geworden. Das ist immer noch der Fall. Beide Attribute zählen in den Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften, IT und Naturwissenschaften zu den Top-10-Arbeitgebereigenschaften. Im Ingenieurwesen hat Work-Life-Balance mit drei Positionen an Relevanz verloren und liegt auf Platz 16. Für IT-Studierende hat sie dagegen an Bedeutung gewonnen und steigt von Rang 7 auf 4.

SAATKORN: Welche Unternehmen schaffen es 2023 an die Spitze?

Universum erstellt die Rankings der Attraktivsten Arbeitgeber pro Fachbereich. Für die meisten Studierenden der Wirtschaftswissenschaften sind auch in diesem Jahr Porsche (Platz 1) und die Mercedes-Benz Group (Rang 2) am attraktivsten. Die BMW Group steigt eine Position auf Platz 3 und lässt Apple auf Rang 4 abrutschen. Platz 5 belegt nach wie vor Google.

Universum Student Survey 2023 SAATKORN Wirtschaftswissenschaften
Universum Student Survey 2023 SAATKORN Wirtschaftswissenschaften

Auch im Fachbereich Ingenieurwesen halten sich Porsche und die Mercedes-Benz Group auf Rang 1 und 2. Auf Position 3 schafft es Siemens, das Unternehmen steigt zwei Ränge nach oben. Dagegen verlieren Audi und die BMW Group jeweils einen Rang und landen auf Platz 4 und 5.

Universum Student Survey 2023 SAATKORN Ingenieurwesen
Universum Student Survey 2023 SAATKORN Ingenieurwesen

Eine stabile Spitze haben wir mit Google, Apple und Microsoft weiterhin auf den Rängen 1 bis 3 unter den IT-Studierenden. Porsche steigt auf Rang 4 und Tesla fällt auf Rang 5.

Universum Student Survey 2023 SAATKORN IT
Universum Student Survey 2023 SAATKORN IT

Im Fachbereich Naturwissenschaften zählen BioNTech, die Max-Plank-Gesellschaft, Bayer und die Fraunhofer-Gesellschaft mit Platz 1 bis 4 auch in diesem Jahr zu den attraktivsten Arbeitgebern. Das Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) steigt um eine Position auf Platz 5.

Universum Student Survey 2023 SAATKORN Naturwissenschaften
Universum Student Survey 2023 SAATKORN Naturwissenschaften

SAATKORN: Was hat Dich in diesem Jahr am meisten überrascht?

Wie sehr sich die Berichterstattung in den Nachrichten auf die Attraktivität als Arbeitgeber bei Studierenden auswirkt, hat mich durchaus überrascht. Es haben auch früher schon einzelne Unternehmen von positiver Medienberichterstattung profitiert. Seit Corona – und jetzt sehen wir es wieder im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg – scheinen ganze Branchen zu profitieren.

Überraschend fand ich darüber hinaus, dass IT-Studierende im Vergleich zum vergangenen Jahr seltener die Offenheit für neue Technologien als Eigenschaft für ein attraktives Unternehmen angeben. Das Attribut ist in der Top-10-Liste fünf Positionen auf Platz 10 abgestiegen. Gleichzeitig hat jedoch Microsoft im Ranking dieses Fachbereichs 0,43 Prozent gewonnen, während alle anderen Tech-Unternehmen Prozente verloren haben. Spannend ist, dass über die Zusammenarbeit zwischen Microsoft und ChatGPT sehr positiv berichtet wurde. Das heißt, ein Unternehmen, das für neue Technologien positive mediale Aufmerksamkeit bekam, hat an Attraktivität als Arbeitgeber gewonnen.

SAATKRON: Wie schätzt du den Abstieg von Tesla ein: Können Unternehmen davon etwas lernen?

Nachdem Tesla 2021 in den Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften, Ingenieurwesen, IT und Naturwissenschaften mit vielen Vorschusslorbeeren und großer positiver medialer Aufmerksamkeit in die Top 5 eingestiegen war, hat es bereits im vergangenen Jahr einige Verluste hinnehmen müssen. In den Top 10 kann sich der Autobauer in diesem Jahr nur unter IT- und Ingenieurwesen-Studierenden halten. In Wirtschaftswissenschaften fällt er um acht Plätze auf Rang 15. In Naturwissenschaften geht es um sieben Plätze nach unten auf Rang 14.

Mit diesen Platzierungen bewegt sich Tesla immer noch weit vorne im Ranking und ist damit weiterhin ein sehr attraktiver Arbeitgeber. Das Unternehmen wird von Studierenden mehr als andere deutsche Autobauer mit Themen wie „Innovation“ und „Offenheit für neue Technologien“ verbunden. Dennoch sprechen die Verluste für sich: Tesla hat vor allem in Prozent stark verloren. In Wirtschaftswissenschaften sind es beispielsweise 4,39 Prozent, im Ingenieurwesen 7,23 Prozent. Das ist für ein solches Ranking durchaus beträchtlich. Hier zeigt sich, wie wichtig eine starke und vor allem authentische Arbeitgebermarke ist, die die Zielgruppen begeistert und im Unternehmen wirklich gelebt wird.

Tesla hat es offensichtlich nicht geschafft, mit dem Vertrauensvorsprung eine solche nachhaltig attraktive Arbeitgebermarke aufzubauen. Gleichzeitig zeigt sich hier eine große Schwachstelle: Die extrem starke Verbindung des Unternehmens mit der Person Elon Musk und die dadurch entstandene Abhängigkeit der Marke von seinem Namen. Hinzu kamen die Diskussion um den Bau der Fabrik in Grünheide, Auslieferungsprobleme und teils ernüchternde Berichte über die Arbeitsbedingungen in Deutschland. In Kombination damit hat die eher negative Berichterstattung über Elon Musk zu einem weniger attraktiven Gesamtbild geführt.

SAATKORN: Was würdest du Unternehmen noch mit auf den Weg geben?

Die Ergebnisse des Universum Student Survey 2023 machen deutlich, dass Arbeitgeberattraktivität ein sehr stark umkämpftes Feld ist. Um aus der breiten Masse hervorzustechen und Studierende für sich zu begeistern, sind Unternehmen mehr denn je gefordert, zu zeigen, wofür sie stehen. Das heißt, kontinuierlich in die eigene Arbeitgebermarke zu investieren. Ein datenbasierter Ansatz, wie der von Universum, bietet Arbeitgebern eine belastbare Grundlage für ihr Arbeitgebermarketing. Daten schaffen ein Verständnis dafür, was genau den gesuchten Talenten wichtig ist und wie das eigene Unternehmen gesehen wird. Wer auf dieser Basis eine authentische Arbeitgebermarke aufbaut und konsistent über die passenden Kanäle kommuniziert, hat einen wesentlichen Vorsprung im Wettbewerb um Talente.

SAATKORN: Vielen Dank, David, für das Interview zum Universum Student Survey 2023!

 

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Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

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