Reputationsmanagement im Employer Branding

Reputationsmanagement oder „Sustainable Reputation Excellence“ – Liebe saatkorn.-Leserschaft, nehmt Euch Zeit. Heute ein ausführlicher aber sehr lesenswerter Gastartikel von Prof. Dr. Anabel Ternès und Marco Englert, MBA, zum Thema Reputationsmanagement. Have fun:

Reputationsmanagement: Ein ganzheitliches Führungssystem mit Brand Leadership, Behavioral, Digital & Employer Branding

Reputationsmanagement_Prof Dr Anabel Ternès
Gastautorin Prof. Dr. Anabel Ternès vom IISM

In der VUCA-Welt, die von den Megatrends Digitalisierung, Globalisierung, Wertewandel und demografischer Wandel bestimmt wird, ist Kommunikation der essentielle Faktor für die erfolgreiche Gestaltung eines Wandels hin zu mehr Nachhaltigkeit und Innovation sowie einer vernetzten, lebendigen und menschlichen Kultur. In der Mikroökonomie hat der Wandel bereits Einzug in das Marketing und Reputationsmanagement sowie die Unternehmenskommunikation und Markenführung gehalten. Vor allem die Digitalisierung spielt im Rahmen von Online Marketing, Digital Sales, Digital Branding, Digital Employer Reputation oder Social Media Management eine zentrale Rolle und erzeugt eine ganz neue Dimension. Der digitale Wandel gilt daher als die zentrale unternehmerische und gesellschaftliche Herausforderung unserer Zeit und ist auf das engste mit dem Thema Nachhaltigkeit verbunden. Die Studie „Sustainability Value Score 2016“ belegt den positiven Einfluss von Nachhaltigkeits-Reputation auf den Umsatz.

„It takes 20 years to build a reputation and five minutes to ruin it. If you think about that, you’ll do things differently.“ Dieses Zitat des US Star-Investors Warren Buffet macht die Tragweite des Themas deutlich und ist Handlungsleitfaden zugleich. In der modernen medialen, globalen Welt ist die Reputation ein essentieller und nachhaltig erfolgskritischer Faktor. Fehlverhalten von Unternehmen führt zu einer Beschädigung des Rufs, einem schwindenden Vertrauen und schließlich dem Verlust von Kunden, Mitarbeitern und Investoren. Deshalb sind ein Umdenken und wertorientiertes Handeln notwendig. Erfolgreich ist, wer moralisch, gesellschaftlich und nachhaltig verantwortlich agiert. Nur die Unternehmen, die zur Lösung der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts beitragen, werden sich langfristig am Markt durchsetzen. Es muss daher eine strategische Verankerung der Werte und Verantwortung stattfinden und dadurch ein sozialer und unternehmerischer Mehrwert geschaffen werden.

Warum ist Reputationsmanagement relevant?

Eine hohe Reputation kommt einem Unternehmen in vielfältiger Weise zugute, da sie dazu beiträgt, dass das Unternehmen die erste Wahl von Kunden, Investoren, Lieferanten und Mitarbeitern wird und bleibt. Grundlage für einen guten Ruf bilden Werte wie Vertrauenswürdigkeit, Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und Verantwortung. Das Ziel eines Reputationsmanagements im Sinne eines ganzheitlichen Führungs- und Wertschöpfungssystems ist der Aufbau eines authentischen Erscheinungsbildes durch die direkte Kommunikation mit den Stakeholdern bzw. Zielgruppen in Kombination mit dem Eingehen auf deren Bedürfnisse. Die Reputation als übergeordnetes, nachhaltiges System umfasst u. a. die Corporate Identity und die Marke und ist als immaterielles Vermögen ein Bestandteil des Firmenwertes. Einige Experten gehen davon aus, dass die Reputation bzw. das „Ich“ letztlich das Einzige ist, was nachhaltig bleibt bzw. ein Unternehmen einzigartig macht. Sie wird zur Wertschöpfungsquelle.

In der Markenführung hat sich inzwischen das Konzept der identitätsbasierten Markenführung als das leistungsfähigste Managementmodell erwiesen. Es erweitert die externe Sicht auf die Marke um die interne Sicht des Managements und der Mitarbeiter.

Damit wird der Wirkungsanalyse von Marken in Märkten eine Analyse des Führungsverhaltens (Brand Leadership) sowie der internen Markenstrukturen und -prozesse gegenübergestellt. Das theoretische Fundament der identitätsbasierten Markenführung stellt die „competence based theory of the firm“ dar, welche aktuell der wichtigste Erklärungsansatz im Rahmen der strategischen Managementforschung ist.

Eine starke Marke ist dann entstanden, wenn es gelungen ist, einen entsprechenden Markenwert aufzubauen. Dieser Markenwert wird als das Ergebnis unterschiedlicher Reaktionen von Konsumenten auf Marketing-Maßnahmen einer Marke im Vergleich zu identischen Maßnahmen einer fiktiven Marke auf Grund spezifischer, im Gedächtnis gespeicherter Markenvorstellungen definiert.

Im Rahmen der 3W des Marketings wird eine Marke als Wertevermittlungs-, Wertschätzungs- sowie Wertschöpfungssystem verstanden. Marken schaffen Werte und bei ihrer Vermarktung wird betont, dass diese Werte als besondere Spitzenleistungen verkörpert werden. Die Leistungen einer Marke, etwa eine besondere Produktqualität, müssen aber wahrgenommen werden, um Wertschätzung zu erhalten. Nur bei einer gut geführten Marke wird eine Spitzenleistung als solche wahrgenommen und von den Kunden geschätzt. Nur dann sind Kunden bereit, den entsprechenden Preis zu zahlen, was für das Unternehmen eine Wertschöpfung bedeutet.

Wenn es Marken gelingt, einen Wertschöpfungsprozess in Gang zu setzen, dann entwickeln Marken ein Geschäftspotenzial. Sie steigen aus dem Blick möglicher Kunden in ihrem Wert und dazu tragen Unique Selling Propositions (USPs) – Alleinstellungsmerkmale – bei. Diese USPs sind herausragende Leistungsmerkmale, die eine klare Distanz zum Wettbewerber aufzeigen. Das Alleinstellungsmerkmal muss einen klaren Kundenvorteil bieten, zielgruppenbezogen und wirtschaftlich sein, d. h. das Unternehmen muss dieses Alleinstellungsmerkmal auch ökonomisch anbieten können. Hierbei geht es nicht um das durchschnittliche oder beständige, sondern um das außergewöhnliche, neue und bessere Merkmal.

Marken können bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen rechtlich geschützt werden, etwa über das Deutsche Patent- und Markenamt. Geschützt werden können damit Produkte und Dienstleistungen eines Anbieters, die für die Qualität eines Unternehmens stehen oder Patente für das geistige Eigentum.

Basis der Entwicklung bzw. Konstruktion einer Marke sind bestimmte Visionen, d. h. abstrakte Vorstellungen darüber, was die Marke verkörpern soll und welchen Nutzen die angeboten Produkte oder Dienstleistungen haben sollen. Dies bezeichnet das „Mission & Vision Development“. Durch die Entwicklung einer Marke entsteht schließlich die Corporate Identity – die Gesamtheit aller ein Unternehmen kennzeichnenden Merkmale. Das Unternehmen wird hierbei verstanden als soziales System mit einer Identität und Wertvorstellungen.

Wie Reputationsmanagement mit Marke und Unternehmenskultur zusammen hängt

Unternehmen wünschen sich positive Anerkennung ihrer Kunden. Sogenannte Emotional, Love bzw. Feel Good Brands sind Marken, die von Kunden geliebt und gefeiert werden. Sie werden mit positiven Werten verknüpft oder als Teil eines besonderen Lifestyles verstanden. Hierbei erfolgt auch eine emotionale Aufladung von Marken, die im Sinne eines Neuromarketings zu Verstärkern positiver Gefühle und unmittelbar als erstrebenswert wahrgenommen werden. Die Werbebotschaft stimuliert den Hypothalamus als Emotionszentrum des Gehirns. Dafür müssen Marken wissen, wofür sie stehen, müssen begehrlich erscheinen und nicht einfach nur bekannt sein. Erreicht werden kann dies durch beweisbare Spitzenleistungen. Diese machen ein Unternehmen widerstandsfähig gegen Marktschwankungen.

Erfolgreiche Marken sind robust, agil und versinnbildlichen einen Ursachen-Wirkungs-Zusammenhang. Robustheit hilft Marken gegen Preisdumping, fördert die Kundenbindung sowie den Absatz, erhöht Eintrittsbarrieren für andere Unternehmen auf dem Markt, kann einer Rezession entgegenwirken und positive Umbrüche hervorbringen. Agilität meint, dass Marken inspirierend bei der Produktentwicklung wirken, den Sprung in neue Branchen und Länder erleichtern, zur Weiterempfehlung motivieren und Talente anziehen. Das Marketing kann umso effektiver sein, je präferierter es wahrgenommen wird. Für positiv besetzte Marken zahlen Kunden mehr, was Preisaufschläge ermöglicht und Wachstum fördert. Der Pro-Kopf-Umsatz steigt, da Kunden auch andere Produkte kaufen und die Marke weiter empfehlen.

Die Beliebtheit einer Marke lässt Angestellte stolz auf das Unternehmen sein und fördert die Identifikation mit diesem. Der Kunde spürt die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen (Internal Branding) und so entsteht ein Transfer der Markenbedeutung von der Interaktion mit dem Kunden hin zu den Mitarbeitern selbst.

Wer das Thema Marke und Unternehmenskultur nicht schon bei der Personal- und Organisationsentwicklung im Visier hat und dieses mit der Employer Reputation und dem Employer Branding, der Unternehmenskommunikation und dem Recruiting verbindet, verschenkt Chancen. Die Unternehmenskultur und die Corporate Identity erweisen sich daher als zunehmend wichtigere Wettbewerbsvorteile, da sie schwieriger zu imitieren sind. Produkte und Dienstleistungen werden hingegen immer gleichartiger und austauschbarer.

Das Reputationsmanagement gewinnt angesichts des zunehmenden Personal- und Fachkräftemangels im Rahmen eines „War for Talents“ um die exzellentesten Mitarbeiter im Bereich Personal immer mehr an Bedeutung. Das Ziel ist es, sich gegenüber Mitarbeitern und potenziellen Bewerbern als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und so proaktiv und aktiv die besten Mitarbeiter zu binden und neue Talente zu gewinnen. Dazu sind der Aufbau einer Arbeitgebermarke und vor allem eine nachhaltige und zukunftsorientierte Pflege dieser Marke durch verbindliche und authentische Formulierung und Einlösung von Leistungsversprechungen für aktuelle und künftige Arbeitnehmer nötig. In der modernen digitalen Welt ist dabei der richtige Online-Auftritt als Instrument für Digital Branding und hier im speziellen für Digital Employer Branding von entscheidender Bedeutung, um effektiv und effizient für das Unternehmen möglichst qualifizierte Mitarbeiter anzuwerben. Neben der Corporate Website kann sich hier auch die Nutzung von Social Media und Business-Foren auszahlen.

Reputationsmanagement im Employer Branding

Employer Reputation Management ist ein Spezialgebiet, welches als Schnittstelle das Kommunikations- und Reputationsmanagement mit dem Personalmanagement vereint. Es ist zumeist in der HR-Abteilung angesiedelt und sollte als Teil eines umfassenden Reputationsmanagement- und Wertschöpfungssystems verstanden werden. Der Begriff wird oftmals synonym zu Employer Branding verwendet. Employer Reputation ist gemäß der Beziehung von Reputation und Marke allerdings vielmehr als weiterführendes Gesamtbild des Employer Branding-Konzepts zu sehen. Während Employer Branding die Arbeitgebermarke (HR Brand) in der kommunikativen Personalarbeit des Unternehmens als gemachte bzw. konstruierte Marke nach innen und außen positioniert, bezieht sich Employer Reputation auf den Ruf (HR Reputation) über einen langfristigeren Zeithorizont hinaus, den das Unternehmen als Ganzes bei seinen Zielgruppen besitzt. Sie gilt daher als natürlich gewachsen, als authentische Vertrauensfunktion und umfasst ganzheitlich neben strategisch-ökonomischen auch psychosoziale Themen, wie z. B. Kultur, Gesundheit und Ethik.

Eine ganzheitlich, nachhaltige überzeugende Corporate Employer Reputation wird immer wichtiger und beinhaltet eine wirksame Arbeitgebermarke. Sie muss attraktiv, glaubwürdig und unterscheidbar sein. Das Thema Employer Branding bzw. „Arbeitgeberwerbung“ gilt als eines der Trendthemen der vergangenen Jahre, konnte allerdings sein Hauptversprechen, Unverwechselbarkeit statt Gleichförmigkeit zu gestalten, bisher eher nicht wirklich einlösen. Hierzu braucht es u. a. eine Auseinandersetzung mit der eigenen Personal- und Organisationsentwicklung inklusive der Unternehmenskultur und deren Abgrenzung von Wettbewerbern.

Der Begriff „Behavioral Branding“ steht dabei für die Umsetzung der Markenidentität im Unternehmen nach innen bei den Mitarbeitern (Internal Branding), damit diese Identifikation und Commitment zur Marke aufbauen, mit ihrem Verhalten die Marke und Unternehmenskultur stärken und damit schließlich zu Markenbotschaftern werden. Unternehmen, deren Mitarbeiter sich committen, verzeichnen einen signifikant höheren Umsatz und Gewinn als solche, bei denen Mitarbeiter sich nur wenig dem Unternehmen verbunden fühlen.

Es geht hier im Kern um das wirkliche Leben der Philosophie, Vision und Mission sowie der Werte und Ziele eines Unternehmens und deren authentische Kommunikation als sogenannte „One Voice“:

  • Persönlich werben, z.B. eigene Mitarbeiter, richtige Menschen als Botschafter – keine „Photoshop-Teams“.
  • Storytelling als Teil der Unternehmensstrategie und -kultur, wobei die Corporate Story auch als Energiezentrum für die Employer Story dient.
  • Interne und externe Kommunikationskanäle im Sinne einer integrierten HR Communication als Touch Points nutzen, wie z.B. Facebook als Social Media Channel, um die Storys lebendig zu machen.
  • Gestaltung der Arbeitgeberkommunikation findet von innen nach außen und zwar vor allem über die Mitarbeiter, also aus dem Unternehmen heraus und zu jedem Zeitpunkt statt, egal ob Marketing, Kundenkontakt im Vertrieb, Bewerbungsgespräch oder Mitarbeitergespräch.

Die Employer Value Proposition (EVP) ist im Employer Branding ein vermeintlich heiliger Gral – aber eben oftmals nur selten mit wirklichem Differenzierungspotenzial. Lebendig und erlebbar, u. a. im Rahmen der Candidate Experience und Employee Experience wird die Employer Brand erst durch starkes Storytelling und reale, authentische Erlebnismöglichkeiten. Eine Möglichkeit ist es beispielsweise in Zukunft Kandidaten virtuell am Arbeitsplatz über eine Plattform umherzuführen und Erlebnis-Möglichkeiten, u. a. mit den zukünftigen Kollegen, zu bieten und dadurch die Candidate Relations zu stärken bzw. ein Kandidatennetzwerk mit guten Beziehungen aufzubauen. Life Balance Management, unter anderem mit einem Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM), ist ein zentrales Element zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität.

 

Autoren:

Prof. Dr. Anabel Ternès
Prof. Dr. Anabel Ternès ist Unternehmerin, Social Entrepreneur, Autorin und Keynotespeaker. Sie leitet das Institut für Nachhaltiges Management (IISM) und hält eine Professur für Kommunikationsmanagement und E-Business. Ihre Schwerpunktthemen sind Digitalisierung, Nachhaltiges Management und Strategisches Marketing. Anabel Ternès engagiert sich ehrenamtlich für Integration und Bildung. Sie leitet die gemeinnützige Organisation Get Your Wings und ist Botschafterin für Same Sky. Als Geschäftsführerin eines Company Builders unterstützt sie Start-ups mit nachhaltigen Geschäftsmodellen. Anabel Ternès ist in verschiedenen Gremien, Expertengruppen und Think Tanks vertreten, die sich mit ihren Schwerpunktthemen beschäftigen.

Marco Englert, MBA
Marco Englert ist Manager, Berater und Coach. Als Director Strategy & Corporate Development verantwortet er bei der brainLight GmbH die Modellierung und Umsetzung der nachhaltigen Managementstrategien. Er verfügt über exzellentes Research- und Consulting-Know-How, u.a. in den Bereichen Unternehmensführung, Personalmanagement sowie Projekt-, Qualitäts- und Nachhaltigkeitsmanagement. Als systemischer Business Coach und Managementberater hat er Erfahrung in der Begleitung von Entscheidungsträgern bei den komplexen Fragestellungen des beruflichen Alltags. Er ist u.a. zertifizierter Spezialist für Markenkommunikation, Employer Brand Manager, Online Marketing Manager (Quadriga University) und Betrieblicher Gesundheitsmanager (IHK).

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

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