Studie: was wollen IT Nachwuchskräfte?

IT Nachwuchskräfte gesucht! – Nirgends sonst sieht man besser, dass der Fachkräftemangel keine Mär ist, als in Bezug auf die Zielgruppe der IT Nachwuchskräfte. Kaum eine Firma, die nicht Probleme mit der Besetzung von IT Positionen hat. Umso spannender ist es, genauer zu erfahren, was diese Zielgruppe denn eigentlich von Arbeitgebern erwartet. Passend zur zweiten Auflage der „get started“ Studie hatte ich Gelegenheit zu einem Interview mit einem der Studieninitiatoren, Rainer Weckbach. Auf geht’s:

saatkorn.: Rainer, bitte stell Dich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.

Rainer Weckbach von get in IT.
Rainer Weckbach von get in IT.

Gerne! Mein Name ist Rainer Weckbach, ich bin Gründer und Geschäftsführer von „get in IT“, einer Online-Plattform, auf der sich Absolventen und Young Professionals aus dem Berufsfeld IT suchenden Arbeitgebern präsentieren können. Zudem bieten wir diesen Kandidaten sämtliche Informationen rund um das Thema Berufsstart. Das beginnt bei einem lückenlosen Überblick zu allen Einstiegsprogrammen vom Direkteinstieg bis zum Trainee und endet bei redaktionellen Inhalten zu Bewerbungs-, Gehalts- oder Berufswahlthemen. Unsere Jobsuche bietet mit aktuell über 3.000 IT-Einstiegsprogrammen einen einzigartigen Arbeitsmarktüberblick. Mit diesem Angebot bieten wir wiederum Arbeitgebern genau das passende Umfeld, die so sehr gefragten IT Nachwuchskräfte zu erreichen – sei es über spezielle Employer Branding-Pakete oder Möglichkeiten der Direktansprache interessanter Kandidaten. Mit dieser Plattform sind wir nun schon seit 2012 online, mit wachsendem Erfolg wie sowohl die Anzahl der bei uns registrierten IT-Kandidaten als auch die Menge der Arbeitgeber, die ihr Recruiting junger Talente in Zusammenarbeit mit uns abwickeln, zeigt. Mittlerweile befinden sich mehr als 11.000 aussagekräftige Bewerberprofile in unserer Datenbank – Tendenz steigend. Jede Woche kommen 100 neue Kandidaten hinzu.

saatkorn.: Bereits zum zweiten Mal habt Ihr von get-in-IT.de die Studie „get started“ durchgeführt, in der Ihr IT Nachwuchskräfte nach Ihren Berufs- und Einstiegspräferenzen befragt. Was war das Setting der diesjährigen Studie?
Das stimmt. Die erste Studie haben wir im vergangenen Jahr zur Zukunft Personal vorgestellt. Mit „get started“ nahmen wir damals zum ersten Mal die Einstellung der jungen IT Nachwuchskräfte unter die Lupe. Das haben wir nun in diesem Jahr wiederholt. So liefern wir dem HR-Umfeld ein konkretes Bild davon, mit welchen Erwartungen und Wünschen diese so begehrte Kandidatengruppe auf den Arbeitsmarkt strebt. Um hier auch wissenschaftlich einwandfrei unterwegs zu sein und zweifelsfrei valide Daten in die Diskussion rund um den „War for Talents“ beizusteuern, arbeiten wir auch in diesem Jahr wieder mit Prof. Peter M. Wald von der HTWK Leipzig zusammen.

Das Ergebnis ist eine der europaweit größten wissenschaftlich begleiteten Studien in der Zielgruppe der IT-Absolventen und Young Professionals mit bis zu 2 Jahren Berufserfahrung. Insgesamt haben wir die Einstellungen von 1.050 IT-Studierenden, Azubis und Young Professionals analysiert und haben dabei erneut hochinteressante Insights direkt aus der Zielgruppe heraus gewinnen können.

Studiensetting von "get started" 2016.
Studiensetting von „get started“ 2016.

saatkorn.: Wo bestätigen sich Entwicklungen aus dem letzten Jahr?
Verfestigt hat sich der Eindruck aus dem letzten Jahr, dass junge IT Nachwuchskräfte im Gegensatz zu vielen Altersgenossen aus anderen Berufsfeldern weniger eine vergleichsweise frühe und steile Karriere im Blick haben, sondern viel mehr auf Fachkompetenz und eine professionelle Begleitung durch erfahrene Fachkräfte achten. Das ist nach wie vor ein großer Unterschied zur vielfach analysierten GenY, der oft zugeschrieben wird, dass sie sehr schnell die klassische Karriereleiter erklimmen möchte. Da ticken IT Nachwuchskräfte anders. Sie legen sehr großen Wert auf die Entwicklung ihres Fachwissens, das Kennenlernen aktueller Technologien und darauf, spannende Aufgaben mit Hilfe erfahrener Mentoren anzugehen. Sie möchten sich explizit in ihrem Spezialgebiet weiterentwickeln. Die Vorstellung von einer Führungskarriere ist für sie hingegen weniger interessant.

Ein konkreter Tipp für HR-Verantwortliche, der sich klar aus den Studienergebnissen ergibt, ist, dass der Begriff “Karriere” im Rahmen von Employer-Branding-Aktionen oder auch bei der Direktansprache mit Vorsicht zu benutzen ist. Die im Unternehmen verwendeten Technologien und Frameworks sind dagegen wichtige Schlüsselbegriffe, nach denen IT Nachwuchskräfte suchen und mit denen sie überzeugt werden können.

Zudem hat sich manifestiert, dass IT Nachwuchskräfte äußerst selbstbewusst auf den Arbeitsmarkt kommen. Neun von zehn schätzen ihre Chancen auf den richtigen Job mindestens gut ein – mehr als ein Drittel sogar als sehr gut. Diese positive Erwartungshaltung beim Einstieg in den Beruf wird wie gesagt von klaren fachlichen Anforderungen an die potentiellen Arbeitgeber begleitet. Dabei stehen neben den bereits erwähnten fachlichen Entwicklungsmöglichkeiten nach wie vor ein attraktives Gehalt sowie ein kollegiales Umfeld und flexible Arbeitszeiten im Zentrum des Kandidateninteresses.

saatkorn.: Was sind die für Dich größten Überraschungen der diesjährigen Studie?
Interessant ist, dass sich die attraktive Arbeitsumgebung innerhalb nur eines Jahres von einem deutlichen Attraktivitätstreiber zu einem Hygienefaktor entwickelt hat. Hier fiel der Prozentsatz der Nennungen von 40 auf 26 Prozent. Deutlich wichtiger ist den Kandidaten dagegen, dass künftige Arbeitgeber familiäre Belange berücksichtigen, wenn sie für IT Nachwuchskräfte Zusatzleistungen anbieten. Hier stieg der entsprechende Anteil von 16 auf 23 Prozent.

 

Was macht Arbeitgeber für IT Nachwuchskräfte besonders attraktiv?
Was macht Arbeitgeber für IT Nachwuchskräfte besonders attraktiv?

Worauf diese Entwicklung zurückzuführen ist, ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich ist es so, dass eine adäquate Arbeitsausstattung aus Kandidatensicht mittlerweile vorausgesetzt wird – gerade im IT-Umfeld, wo es Absolventen schon an der Uni gewohnt sind, mit gutem Equipment zu arbeiten.

Zudem war ich zwar nicht unbedingt überrascht, fand es aber dennoch bemerkenswert, dass die sehr umworbene und aufgrund ihres exponierten Marktwertes ja auch zu Recht anspruchsvolle Kandidatengruppe bereit ist, für einen überzeugenden Job selbst teils große Zugeständnisse zu machen. Das heißt: Der klare Anspruch an die Karriere ist verbunden mit einer bemerkenswerten Flexibilität, wie es sich beispielsweise bei der Mobilität – einem Schwerpunkt-Thema unserer Studie – deutlich zeigt.

saatkorn.: Du sprichst es an: Schwerpunkt-Thema der diesjährigen Studie ist das Thema „Berufliche Mobilität“. Wie mobil sind die IT Nachwuchskräfte?
Für den richtigen Job zeigen sie sich sehr mobil und das ist eine in der Tat zentrale Erkenntnis unserer Studie. Dafür liefert unsere Studie mehrere Indizien. So sagen zum Beispiel 36 Prozent der Teilnehmer, dass ihnen ein guter Job wichtiger sei als der gegenwärtige Wohnort. Weitere 38 Prozent halten beides für gleich wichtig. Für Personaler bedeutet das, dass sie auf der Suche nach IT-Talenten durchaus über Stadtgrenzen hinweg schauen können. Wenn ihre sonstigen Erwartungen erfüllt werden, sind die Kandidaten bereit, zum Job zu kommen und erwarten nicht, dass dieser umgekehrt zu ihnen kommt.

Mobilität bei IT Nachwuchskräften.
Mobilität bei IT Nachwuchskräften.

Vor allem bei Studierenden oder Auszubildenden ist die Bereitschaft, für den passenden Job umzuziehen, sehr ausgeprägt. Dies zeigt sich auch in der Akzeptanz, über längere Strecken zu pendeln. 29 Prozent nehmen für die passende Arbeitsstelle eine bis zu 90 minütige Pendelstrecke in Kauf, zusätzliche 20 Prozent gar eine maximal zweistündige. Für Arbeitgeber kann es sich also durchaus auszahlen, Benefits wie Job-Tickets, Fahrgemeinschaften oder Vergünstigungen für längere Anfahrten bereits in Stellenausschreibungen zu thematisieren. Das sind Zusatzleistungen, die das berühmte Zünglein an der Waage sein können.

saatkorn.: Was könnt Ihr zum Thema Flexibilität und Traumjob in Bezug auf IT Nachwuchskräfte sagen?
Grundsätzlich sind IT-Talente flexibel. Einzige Voraussetzung: Der angebotene Job muss passen. Was ihre Vorstellungen von Fachlichkeit, Einarbeitung und innovativen Entfaltungsmöglichkeiten betrifft, gehen sie eher keine Kompromisse ein. Darauf sollten sich Arbeitgeber einstellen. Werden diese Erwartungen allerdings erfüllt, ist Flexibilität Trumpf. Anders ausgedrückt: Sind IT Nachwuchskräfte von einem Job überzeugt, bringen sie sich auf unterschiedliche Weise vehement ein.

Ein Beispiel in diesem Kontext: Längere Reisetätigkeiten im Rahmen ihrer Projektarbeit stellen für einen Großteil der IT-Berufsstarter kein Problem dar. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) akzeptieren wechselnde Einsätze, die zum Beispiel Hotelübernachtungen erfordern könnten. 23 Prozent können sich sogar berufliche Einsätze über mehrere Monate außerhalb Deutschlands vorstellen, wenn das Bestandteil ihres Wunschjobs ist.

saatkorn.: Wollen IT Nachwuchskräfte überhaupt noch eine Festanstellung haben?
Wir haben festgestellt, dass IT Nachwuchskräfte eher an einer Festanstellung interessiert sind. Sie wollen ihre fachliche Entwicklung kontinuierlich ausbauen. Das können sie besser, wenn sie über einen längeren Zeitraum bei einem festen Arbeitgeber tätig sind. Dafür spricht auch der Wunsch nach einer gründlichen Einarbeitung über ein professionelles Mentoren-Programm. Eine zeitlich befristete Position würden gemäß unserer Studie nur etwas mehr als zwölf Prozent akzeptieren.

saatkorn.: Was sind auf Basis der Studie Handlungsempfehlungen für Personalabteilungen, um IT Nachwuchskräfte zu rekrutieren?
Die Studienergebnisse liefern repräsentative Ergebnisse, die uns in unserer Erfahrung bestätigen: Die noch im Studium befindlichen IT-Nachwuchskräfte sind offener für Arbeitgeber-Informationen als berufstätige IT´ler. Wenn also erfolgreiches Employer Branding unter IT´lern effizient gestaltet werden soll, müssen Unternehmen ihre Botschaft bereits während der Ausbildungsphase nachhaltig positionieren. Nur so wird die Arbeitgebermarke auch zu späteren Zeitpunkten in der Erwerbsbiographie erinnert und positiv assoziiert. Mittelfristig wird dadurch die Anzahl qualifizierter Bewerbungen erhöht.

Je konkreter das Unternehmen weiß, welchen Typ IT´ler es sucht, desto größer der Recruitingerfolg. Aus unserem Alltag und den Ergebnissen unserer Studie wissen wir, dass die wichtigste Voraussetzung dafür eine enge Zusammenarbeit der HR-Abteilung mit dem jeweiligen IT-Fachbereich ist. Die Kandidaten wollen wissen, wie sie fachlich entwickelt werden und welche konkreten Aufgaben auf sie zukommen. Dabei wollen sie begleitet werden. Dieser Fokus ermöglicht ein interessantes Storytelling im Rahmen der langfristig ausgerichteten Employer Branding Aktivitäten der Unternehmen – oder auch eine individuellere Direktansprache der IT-Nachwuchskräfte. So ist auch der kurzfristige Recrutingerfolg gesichert.

saatkorn.: Zu guter Letzt: wo kann man Eure Studie bestellen?
Die Ergebnisse haben wir natürlich wie schon im letzten Jahr übersichtlich in einem Whitepaper aufbereitet, damit möglichst viele IT-Arbeitgeber ihre Recruiting-Strategien in dieser Zielgruppe erfolgreich gestalten können. HIER können die aktuellen Studienergebnisse kostenlos angefordert werden.

saatkorn.: Rainer, herzlichen Dank für das Interview.

 

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

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