Humble Leadership: Gastbeitrag von Norbert Wirth

Humble Leadership: Gastbeitrag von Norbert Wirth

Warum Humble Leadership erfolgreicher ist: „Wir brauchen nicht nur schlaue Leute – sie müssen auch teamfähig sein“

Wie müssen Teams organisiert sein, damit Unternehmen erfolgreich innovative Produkte entwickeln können? Welche Skills und Führungs-Prinzipien werden vor allem für Tech and Data Driven Companies wichtiger werden in der Zukunft? Norbert Wirth, Global VP Data bei PAYBACK, über populäre Irrtümer und neue Recruiting-Strategien.

Wenn es um Innovationen geht, existiert immer noch der weit verbreitete Irrglaube, dass es um diesen einen großen Wurf geht; um diese eine ground breaking Idee, die alle Welt in Staunen versetzt, ausgedacht von einem smarten Genie im stillen Kämmerlein.

Die Wahrheit ist, kaum eine wichtige Innovation ist so entstanden. Natürlich braucht man geniale Komponenten und einen ersten, vielleicht auch verrückten Impuls. Und natürlich braucht eine Data-Organisation wie Payback schlaue Leute. Aber, und das ist der entscheidende Punkt, wir brauchen schlaue Leute, die teamfähig sind.

Hinter erfolgreichen Geschäftsmodellen stecken fast immer gut funktionierende, aufeinander eingespielte Teams, die das Produkt sehen und begreifen, es weitertragen und skalieren. Die einen gemeinsamen Sense of Ownership haben und nachhaltigere Business-Lösungen entwickeln. Wenn man die Applications-Landschaft von großen Unternehmen betrachtet, Unternehmen, die wie Payback stark auf Software und Datendurchsatz basieren, ist es wichtig, dass solche Teams modern denken, sich gut vernetzen, sich abstimmen und ihre Skills intelligent organisieren.

Brillant, aber sozial dysfunktional

Haben wir ein Smart Genius Problem? Die Antwort lautet: Ja, in der Wahrnehmung ist es tatsächlich so. Man sucht das smarte Genie, man sucht den visionary leader (Achtung, das Maskulinum ist hier bewusst gewählt, dazu gleich mehr). Man nimmt in Kauf, dass er sich abkapselt und sich, höflich formuliert, sozial dysfunktional verhält. Aber hey, er ist ja so brillant!

Ich halte das für überholt. Die Zukunft gehört kooperativen Strukturen und denen, die sich gut darin entfalten. Wir brauchen Menschen, die ihr Wissen gern und offen teilen, die andere begeistern und mitnehmen können.

Die andere Frage ist, wie man sie findet.

Ich habe kürzlich eine interessante Erfahrung gemacht. Ich wollte eine Stellenausschreibung aufsetzen für eine Leadership-Position, die sowohl mit fachlicher Führung als auch relativ großer Personalverantwortung verbunden ist. Mir war es wichtig, den Text so zu formulieren, dass er Männer und Frauen oder auch Menschen ohne klare geschlechtliche Identität gleichermaßen anspricht. Und wenn ich ganz ehrlich bin, hätte ich eine Frau oder non-binary person besonders klasse gefunden. Natürlich haben wir dabei auch die Gender-Statistik im Auge. Aber nicht im Sinne eines over engineering oder reinen Selbstzwecks, sondern aus echter Überzeugung, weil diverse Teams bessere Ergebnisse liefern.

Vom Visionary zum Humble Thought Leader

In der ersten Fassung suchten wir eine/n „Visionary Thought Leader“. Ich hatte den Text bewusst ein paar Kolleginnen zum Lesen gegeben. Ihre Reaktionen waren eindeutig: Sie fühlten sich nicht nur nicht angesprochen. Sie fanden den Titel sogar regelrecht abstoßend. Das sei aufgeladen, großspurig, maskulin und, Achtung, O-Ton: „Das ist so Elon Musk“.

Die Kurzfassung: Wir haben den Titel verändert. Und zwar in „Humble Thought Leader“. Ich bin überzeugt davon, dass humble leadership auf lange Sicht erfolgreicher ist. Menschen arbeiten lieber mit Menschen, denen sie – bei aller gebotenen fachlichen Brillanz – vertrauen und die sie mögen. Warum sollte man einen visionären, aber unerträglichen Chef aushalten? Das gilt umso mehr für unsere Branche mit Data Engineers, Data Scientists, Analysten und Entwicklern, die sich ihre Jobs aussuchen können.

Das sind keine trivialen Tätigkeiten. Da geht es nicht um das Abspulen des immer gleichen Programms mit Projekten, die von langer Hand geplant und immer in gleicher Qualität entstehen. Im Gegenteil. Mit jeder Codezeile, mit jeder Analyse, mit jeder Transformation von Daten forderst du den Intellekt der Kolleg:innen. Die müssen über Lösungen nachdenken wollen und Lust darauf haben, das gut zu machen. Die müssen, sorry Buzzword, intrinsisch motiviert sein und sich mit dem Team und Produkt identifizieren. Das gelingt nur in einem Setting, in dem sie gerne arbeiten. Und wo auch mal private Belastungspeaks aufgefangen werden. Seit Corona ist uns noch bewusster, dass Menschen auch private Herausforderungen haben. So called life.

Menschen brauchen Anerkennung, Feedback und Austausch. Auch das haben wir durch die Pandemie gelernt. Mal ganz abgesehen von Effizienz-Gesichtspunkten. Dinge, die man früher in drei Minuten mit einem schnellen oft auch spontanen Gespräch an der Kaffeemaschine gelöst hat, dauern mit Teams und Zoom um ein Vielfaches länger. Fünf Tage Homeoffice pro Woche mag für manche – ich behaupte: wenige – Menschen funktionieren. Wir beobachten US-Firmen, die auf den Markt drängen und mit Remote-Only-Paketen und monetär attraktiven Angeboten Talente zu sich ziehen. Wie erleben, wie Leute herausgelockt werden aus an sich gesunden Environments. Für die wenigsten ist das auf Dauer befriedigend. Man sieht das an Lissabon sehr gut, das sich in den letzten Jahren zum Hotspot der digitalen Nomaden entwickelt hat. Der Stadt hat das nicht gutgetan. Man zerstört das Besondere, das man eigentlich gesucht hat, durch seine bloße Anwesenheit. Ökosysteme reagieren sensibel auf Veränderungen.

Macht-Privilegien zur Veränderung nutzen

Ich glaube an hybride Arbeitsmodelle. Co-Location ist ein Faktor, der Mitarbeitenden dabei hilft, zum Team zu werden und sich zu Hause zu fühlen. Das gilt umso mehr für unsere Zeit, die von Unsicherheiten geprägt ist. Es ist gleichzeitig die Zeit der echten Transformator:innen und Brückenbauer:innen, die sich ihrer Privilegien bewusst sind und Lust darauf haben, zu gestalten. Veränderung geht wesentlich einfacher aus einer machtvollen Position heraus, die aber zwingend der Sache und nicht dem eigenen Ego dienen sollte. Das unterscheidet den humble thought leader vom visionary thought leader.

Es geht um die Bereitschaft, jeden Tag dazu zu lernen und im jeweiligen Wirkungsbereich Veränderung anzustoßen. Das können große, weithin sichtbare Leuchtturm-Projekte sein. Oder auch scheinbar kleine Details, etwa Assistenz-Stellen nicht defaultmäßig mit einer Frau, sondern auch mal mit einem Mann zu besetzen. Das Recruiting spielt in meinen Augen überhaupt eine zentrale Rolle. Es braucht ein radikales Umdenken. Das bedeutet zum Beispiel auch, sich nicht mehr bei der Besetzung von bestimmten Positionen an PhD- und Doktor-Titel und formale Abschlüsse zu klammern, sondern das Potenzial der Bewerber:innen zu erkennen.

Unsere humble thought leader-Stelle ist noch nicht besetzt. Aber die Bewerbungen sind interessant. Erste Erkenntnisse: Es bewerben sich mehr Frauen als sonst, und Männer, die nicht das übliche Schema des Schaumschlägers und Sich-auf-die-Brust-Trommlers bedienen. Am Ende geht es mir gar nicht um das Geschlecht. Wir suchen Menschen mit dem richtigen Mindset. Das ist der Schlüssel zu allem.

 

Über den Autor:

Norbert Wirth ist Global VP Data bei PAYBACK, der vor der Herausforderung steht, passende Führungskräfte zu besetzen. Norbert Wirth stützt sich auf seine umfassende Erfahrung in der analytischen Beratung, im digitalen Ökosystem, im Innovationsmanagement, in der Entwicklung von Multi-Asset-Datenplattformen sowie in der Produkt- und Algorithmenentwicklung. Er vereint einen ausgeprägten Geschäftssinn, profunde internationale Managementerfahrung, intime Kenntnisse des digitalen Ökosystems, agile Entwicklung, Lean-Startup-Prinzipien und Data Design Thinking. Er ist ein erfahrener Berater zahlreicher Fortune-500-Unternehmen in Fragen des digitalen und Big-Data-Ökosystems, datengesteuerter Lösungen, Analytik und Innovation.

Über PAYBACK:

PAYBACK ist das führende Multipartner-Bonusprogramm, das alleine in Deutschland schon von über 31 Millionen Kund:innen begeistert genutzt wird. Denn sie erhalten von rund 680 PAYBACK Partnerunternehmen nach dem einfachen Prinzip „Ein Programm – viele Partner“ Punkte und Coupons fürs Einkaufen und sie sparen dadurch einen erheblichen Betrag pro Jahr. 94 Prozent der gesammelten Punkte werden von den Kund:innen wieder eingelöst, der überwiegende Teil in Wertgutscheine der Partner oder in Prämien. Die praktische PAYBACK App bündelt das mobile Punkte sammeln, Punkte einlösen, Coupons aktivieren und Bezahlen. Sie wird schon von über 11 Mio. Nutzer:innen verwendet und zählt sowohl zu den „Top 3 Shopping-Apps“, als auch zu den „Top Alltags-Apps“.

 

Interessierst Du Dich für die SAATKORN Themen?

Wenn Du jeden Sonntag die volle Packung SAATKORN kostenlos in Dein Postfach bekommen möchtest, abonniere HIER den SAATKORN Newsletter. Neben allen Artikeln & Podcasts gibt es meine wöchentliche Kolumne sowie die Verlosung der Woche mit ins Rundum-sorglos-Paket: https://www.saatkorn.com/newsletter/

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert