Alles zum Trendence Young Professional Barometer 2020

Das Trendence Young Professional Barometer 2020 liegt vor, die Ranking-Saison ist eröffnet. 😉 Ich hatte Gelegenheit, mit Trendence Chef Robindro Ullah ausführlich zu sprechen. Auf geht’s

SAATKORN: Robindro, bitte stelle Dich den wenigen SAATKORN Leser*innen, die Dich vielleicht noch nicht kennen, einmal kurz vor.
Mein Name: Robindro Ullah; Seit Mitte 2018 habe ich die Geschäftsführung der Trendence Institut GmbH inne. Zuvor war ich viele Jahre als Berater, Autor, Speaker und Blogger aktiv. Meine HR Karriere began 2007 bei der Deutschen Bahn als Wirtschaftsmathematiker im Recruiting. Zuletzt leitete ich dort den Bereich Recruiting Süd bevor ich das Globale Employer Branding, Recruiting und HR Communication Ressort beim Heidenheimer Technologiekonzern Voith übernahm. 2015 bekam ich eine neue Rolle als Vater und entschied mich in die Selbständigkeit zu gehen, um mehr Zeit für mein Kind zu haben.

SAATKORN: Du bist jetzt seit ungefähr eineinhalb Jahren Geschäftsführer beim Trendence Institut. Was hat sich in der Zeit verändert?
Viel – wir haben uns mit Trendence 2018 auf eine Reise, eine Transformation begeben, die heute noch nicht abgeschlossen ist. Trendence setzt seit 20 Jahren Deutschlands größte Arbeitgeber-Studien um. Zuletzt haben wir 2020 130.000 Menschen in Deutschland zu ihrer Meinung und ihrem Empfinden rund um den Arbeitsplatz sowie den Arbeitsmarkt befragt. Unsere Vision ist es, unseren Kunden jederzeit die Daten zur Verfügung zu stellen, die sie in diversen HR Fragestellungen benötigen, um sinnvolle Entscheidungen treffen zu können. Aber auch Dienstleistern wollen wir ermöglichen, mit Hilfe unserer Daten bessere Dienstleistungen anzubieten. Bereits heute bauen Kunden ihre Geschäftsmodelle auf Basis unserer Daten. Hierzu haben wir 2018 und 2019 dazu genutzt die über 20 Jahre gewachsene Studienstruktur von Trendence zu vereinheitlichen und vereinfacht gesagt „glatt zu ziehen“. So haben wir beispielsweise alle Groß-Studien die wir haben, auf einen Erhebungszeitraum gelegt. Das wiederum ermöglicht es uns, unterjährig kontinuierlich kleinere Befragungen durchzuführen, die es Kunden ermöglicht, auf unterjährige Veränderungen unmittelbar zu reagieren. Das beste Beispiel ist hier die aktuelle Corona Krise. Wir erheben seit April monatlich Daten und beobachten das Verhalten der Zielgruppen Professionals (Akademiker sowie nicht Akademiker), Studierende und Schüler_innen sehr detailliert. Wie verhält sich die Wechselbereitschaft? Haben sich Arbeitgeberpräferenzen verändert? uvm.

Auf diese Weise können unsere Kunden direkt auf Vorkommnisse reagieren und datenbasiert entscheiden, welches die nächsten Schritte sein können. Das Ganze wird auch nicht mehr in PPT ausgeliefert, wie unsere Kunden das bislang gewohnt waren, sondern auf einer Online-Oberfläche, die monatlich mit den neuesten Daten ergänzt wird und regelmäßig weitere Auswertungen und Blickwinkel auf die Daten erhält. Statt statischer Produkte entwickeln wir uns eben auch weiter und bieten den Kunden Produkte dynamische Lösungsgrundlagen.

SAATKORN: Eines ist aber gleich geblieben: jährlich bringt Ihr das Young Professional Barometer heraus. Wie war das Setting für das Trendence Young Professional Barometer 2020?
Der aufmerksame Beobachter wird bemerkt haben, dass wir hier die Veröffentlichung leicht vorgezogen haben. Wir sind mit diesem Barometer ebenfalls auf den einheitlichen Erhebungszeitraum (Okt 19- Feb 20) gegangen und haben in der Zeit knapp 20.000 Professionals in Deutschland befragt. Unsere Befragten sind im Schnitt 31,6 Jahre alt und haben 5 Jahre Berufserfahrung. Diese Erhebung kannst du übrigens als eine Art Nullmessung vor Corona betrachten. Sie wurde abgeschlossen kurz vor Start der Krise, so dass wir die einzigen in Deutschland sind, die je Zielgruppe eine saubere Nullmessung besitzen und Monatsscheiben mit aktuellen Daten während der Krise. Im alten Trendence Setting wäre das in der Form nicht möglich gewesen.

Trendence Young Professional Barometer 2020 - die TOP 50
Trendence Young Professional Barometer 2020 – die TOP 50

SAATKORN: Auf den ersten Blick war ich einigermaßen geschockt: unter den Top 5 Arbeitgebern sind gleich 4 Autobauer. Und das trotz Abgas-Skandel, fragwürdigen Geschäftsmodellen für die Zukunft und Corona-Dämpfer. Woran liegt das Deiner Meinung nach und traust Du Dich, eine Prognose für die Zukunft abzugeben?
Prognosen sind generell eine Herausforderung. Tatsächlich bin ich hier vor allem durch Corona sehr vorsichtig geworden. Dass man auf Erfahrungswissen kaum etwas geben kann, hat diese Krise überdeutlich gezeigt. Was den ersten Teil der Frage angeht, so hat sich die Automobilbranche über Jahre hinweg eine sehr gute Position erarbeitet. Die wird nicht von einem Tag auf den anderen weggewischt. Daher bin ich nicht überrascht, dass die Branche bei den Top Arbeitgebern nach wie vor sehr gut positioniert ist. Schauen wir tiefer in die Zahlen, dann erkennt man aber schon, dass diese Branche Federn lassen musste. Durch den enormen Vorsprung macht sich das im Ranking noch nicht derart deutlich bemerkbar, aber das sollte auch keinen Anlass zur Entspannung geben. Wir beobachten einen leichten Abwärtstrend. Jetzt im Juli werden wir erneut eine etwas größere Befragung durchführen, in der wir auch ein vergleichbares Ranking abbilden werden. Hier wird sich u.a. zeigen, welche Arbeitgeber tatsächlich gut durch die Corona Krise gekommen sind und welche sich nicht mit Ruhm bekleckert haben.

SAATKORN: Wie hat eigentlich Volkswagen abgeschnitten? Macht sich da in irgendeiner Weise der Dieselskandal bemerkbar?
Volkswagen stand in den letzten Jahren ziemlich unter Feuer. Wir messen da immer den Bereich „Schlechte Presse“ und fragen, welche Arbeitgeber besonders auffällig sind. Alle Fachrichtungen sind sich da einig, dass Volkswagen seit 2016 nicht aus den negativen Schlagzeilen kommt und hier mit starkem Abstand auch zu den Konzerntöchtern immer an vorderster Front wahrgenommen wird. Konzernumbau, Wechsel an der Spitze, Probleme bei den Produkten – das geht nicht spurlos an einer Arbeitgebermarke vorbei.

Der HR Bereich hat hier aber genau richtig reagiert. Sie haben sich in ihren Aktivitäten auf ihre wichtigen Zielgruppen (IT) fokussiert. Dort haben sie anteilig bei den Studierenden den Wert für die Beliebtheit zum Vorjahr gehalten und bei Professionals sogar, trotz der schlechten Presse, steigern können.

Schnell musst du an mehreren Fronten kämpfen und was Corporate und produktseidig geschieht, kann dich im HR eiskalt erwischen. Da ist es extrem wichtig, dass du einen kühlen Kopf behältst und eben datenbasiert deine Entscheidungen triffst. Ähnliche Situationen kenne ich noch aus meiner Zeit bei der Deutschen Bahn, als ich zum Beispiel noch unter Mehrdorn rekrutiert habe. Wenn man die richtigen Entscheidungen trifft und konsequent ist, kann man auch im HR sehr viel bewirken.

SAATKORN: Wie wichtig ist eigentlich das Thema Sicherheit im Beruf heutzutage auf Basis des Trendence Young Professional Barometer 2020?
Das Barometer zeigt noch die Daten vor Corona. Hier wird der Vergleich mit unserem Trendence Corona HR Monitor spannend. Es ist allerdings keine Überraschung, dass dieser Wert bei den Akademikern im Vergleich zur Zeit vor der Krise um 6 Prozentpunkte gestiegen ist. Wir stellen darüber hinaus in unserem Corona Monitor zusätzlich noch die Frage „ob du dich jetzt unsicherer bzgl. deiner beruflichen Zukunft fühlst“. Hier antworten über 30% der Young Professionals mit JA. Arbeitsplatzsicherheit ist wieder weiter in den Vordergrund gerückt. Interessanter Weise sind die Prozentsätze bei den Nachwuchsgruppen bei der Frage bzgl. der beruflichen Zukunft noch höher.

SAATKORN: Das spiegelt sich auch in der Wechselbereitschaft von Young Professionals, oder?
Die Wechselbereitschaft spiegelt im Wesentlichen den Verlauf der Krise wieder. Zu Beginn der Krise ist die aktive Wechselbereitschaft stark abgesunken. Nach der ersten Lockerung konnte man nun eine leichte Erholung sehen. Es suchen wieder mehr Menschen aktiv nach einer neuen Position. Dies kann natürlich auch etwas mit Entlassungen zu tun haben, die es in den vergangenen Woche auch gab. Spannend ist der Blick auf die latente Wechselbereitschaft der Young Professionals. Diese hat sich mit Beginn der Krise überhaupt nicht verändert und blieb auf vorherigen Niveau. Ganz anders beispielsweise als bei den Nichtakademikern. Dort sank vor allem die passive Wechselbereitschaft stark. Noch überraschender und für uns Recruiter sowie Employer Brander sehr interessant: Die latente Wechselbereitschaft bei den Young Professionals stieg nach der ersten Lockerung über Vor-Krisen-Niveau. Brechen wir das auf das konkrete Recruiting herunter, so kann man sagen, dass das Potential für die Direktansprache nun über Vor-Krisen-Niveau liegt. Wer sich also vor der Krise noch nicht mit dem Thema Active Sourcing beschäftigt hat, sollte es spätestens jetzt tun.

SAATKORN: Was sind die für Dich ganz persönlich überraschendsten Ergebnisse aus dem Trendence Young Professional Barometer 2020?
Für mich persönlich waren in dieser Befragungsrunde die Ergebnisse zum Thema „Künstliche Intelligenz im Recruiting“ sehr überraschend. Nur noch 18% der Young Professionals lehnen den Einsatz völlig ab. Am sinnvollsten erachten die meisten Befragten (44%) den Einsatz in der Vorauswahl (Auswertung von Bewerbung und Lebenslauf). Tatsächlich hätte ich mit einem so großen Zuspruch nicht gerechnet. Viele der Befragten erhoffen sich dadurch schnellere Prozesse. So sagen 91%, dass der Prozess durch den Einsatz von KI an Geschwindigkeit gewinnt. Eine kleine Ohrfeige gab es zudem in folgendem Kontext: 81% sagen, dass der Prozess objektiver ablaufen würde und 72%, dass die Chancengleichheit sich verbessert, wenn KI mit im Spiel sei. Es war beinahe erfrischend zu sehen, dass mit den neuen Technologien doch recht offen umgegangen wird.

SAATKORN: Welche Handlungsempfehlungen kannst Du in Bezug auf die Zielgruppe Young Professionals den HR Abteilungen mit auf den Weg geben?
Handlungsempfehlungen pauschal zu geben, ist immer schwer. Ein Blick in die Subsets je nach Unternehmen wäre ratsam. Sprich: Je nachdem, ob ein Unternehmen beispielsweise Ingenieure oder IT sucht, können die Handlungsempfehlungen unterschiedlich aussehen. Insgesamt kann man unter anderem sagen, dass Direktansprache weiter in den Vordergrund rückt. Die steigenden Zahlen bei den passiv Suchenden unterstützen diesen Ansatz.

SAATKORN: Was sind die nächsten Schritte für Trendence im Jahr 2020?
Ein klarer nächster Schritt sind natürlich die Trendence Awards, die in diesem Jahr auf dem Recruiting Community Festival – kurz #RC20 – stattfinden. Das ist für uns nicht nur eine große Ehre, sondern zeigt zudem, dass Dienstleister übergreifende Zusammenarbeit den Kundennutzen steigert.

Darüber hinaus haben wir natürlich unsere größer angelegte Juli Corona Messung im Blick. Hier wollen wir genau verstehen, wie die Landschaft der Top Arbeitgeber nach der Corona-Hochphase aussieht und wer durch die Krise Federn lassen musste und wer gestärkt aus ihr hervorgeht. Die aktuellen Erhebungen zeigen, dass „Systemrelevanz“ auch bei den Zielgruppen einen ganz neuen Stellenwert bekommen hat. Du kannst von unserer Seite also noch mit einigen Überraschungen in diesem Jahr rechnen.

SAATKORN: Robindro, ganz herzlichen Dank für diese Einblicke in das Trendence Young Professional Barometer 2020! Ich freue mich schon auf die Trendence Awards auf dem #RC20 Festival. Bis bald!

 

Wer Lust auf mehr von Robindro Ullah hat, kann hier in die SAATKORN Podcast Episode mit ihm reinhören, #havefun

 

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

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