Im Employer Branding und Recruiting-Dschungel mit der Deutschen Telekom

Im Employer Branding und Recruiting-Dschungel mit der Deutschen Telekom

Während alle Welt über die neue Employer Branding Kampagne der Deutschen Bahn redet, möchte ich heute die Aufmerksamkeit auf eines der meiner Meinung nach spannendsten deutschen Unternehmen – wenn es um Employer Branding, Personalmarketing oder Recruiting geht – lenken, nämlich die Deutsche Telekom. Schon seit Jahren kann man dem Team um Marc-Stefan Brodbeck attestieren, dass es mutig, innovativ und progressiv unterwegs ist. Es gibt hier nicht nur einzelne herausragende Initiativen, sondern kontinuierlich Neues und Spannendes zu berichten. Auch auf saatkorn. war die Deutsche Telekom so natürlich schon mehrmals Thema (zum Beispiel hier, dort und da) und es lohnt sich immer wieder, mit Stefan, der – neben seiner eigentlichen Funktion als Vice President Recruiting & Talent Service -auch langjähriger QUEB Vorstand ist – zu sprechen. Auf geht’s, quer durch den Employer Branding und Recruiting Dschungel mit der Deutschen Telekom:

saatkorn.: Die Deutsche Telekom bezieht die Zielgruppe teilweise in das Personalmarketing / Recruiting mit ein. Ein klasse Beispiel sind hier Eure Stellenanzeigen für Praktika. Bitte gib den saatkorn. LeserInnen doch ein Beispiel, wie so etwas aussieht und wie Eure Erfahrungen damit sind.
Sucht irgendein Unternehmen das 08/15-Talent? Natürlich nicht. Denn 08/15 ist das Gegenteil von Talent. Wir alle wollen Mitarbeiter, die aus der Masse herausragen. Die Telekom braucht Querdenker und Um-die-Ecke-Überleger. Jetzt die Frage: Lassen die sich mit Stellenanzeigen ködern, die alle gleich und langweilig aussehen? Bürokratisch im Ton und bei den Anforderungen völlig überfrachtet. Natürlich nicht. Deshalb sind wir mit unseren Stellenanzeigen in der letzten Zeit mutiger und frecher geworden. Wir durchbrechen das klassische Anzeigenformat, überspitzen und spielen mit Vorurteilen. Wir schneiden die Anzeige auf die Zielgruppe zu. Suchen wir einen IT-ler, dann kann das Lockmittel mal ein ASCII-Code sein, den er erst mal knacken muss, um den Text zu lesen. Zugegeben, auch bei uns gibt´s weiter klassische Anzeigen. Aber immer öfter,  inbesondere wenn sich darauf nur wenige Interessenten melden, haben wir eine kreative Anzeige in petto.

Grafik: Innovative Praktikums-Stellenanzeige – von der Praktikantin selbst gestaltet. 

saatkorn.: „reif“ ist ein – zumindest nach meinem Kenntnisstand – einzigartiges Konzept im Personalmarketing. Wie seid Ihr darauf gekommen, die typischen Recruitingbroschüren abzuschaffen und für die Zielgruppe der Azubis / Dualen Studenten ausgerechnet ein Printprodukt zu lancieren?
Klassische Recruiting-Broschüren interessieren Schüler nicht. Was sie jedoch fesselt, sind Geschichten. Packender finden sie echte Erlebnisse, zum Beispiel Erfahrungen anderer Schülerpraktikanten oder Auszubildenden. Wir haben gemerkt, dass sie authentisch wirken, wenn die Schüler ihre Erlebnisse selbst aufschreiben. Deshalb sind „reif“-Autoren Schüler, Praktikanten und Studierende. Und warum Print, wo Jugendliche doch angeblich nur noch im Internet lesen? Weil wir ganz bewusst einen Gegenpol darstellen wollen. Unsere Hefte liegen an vielen Schulen aus. Die Jugendlichen stecken sie sich in die Schultasche und lesen sie beim Warten auf dem Bahnhof oder auf der Fahrt nach Hause.

Grafik: Print für Schüler? – Aber klar, mit „reif“. 

saatkorn.: Kannst Du den Erfolg von „reif“ beziffern?
„reif“ liegt derzeit an rund 13.300 Schulen aus – und mit jeder Ausgabe bekommen wir neue Anfragen von Schulen. Darüber freuen wir uns wirklich denn über „reif“ kommen wir viel näher an Jugendliche heran und dank unserer Responseelemente im Magazin ist da ein wirklicher Dialog entstanden. Für uns ist das wichtig. Denn auch als Recruiter bleibst Du ja leider nicht ewig jung. Unser Lebensumfeld ist nun mal völlig anders als das eines 15-16-Jährigen. Dank „reif“ verstehen wir aber besser, was Jugendliche von uns als Arbeitgeber erwarten und wie wir ihnen entgegen kommen können.

saatkorn.: Die Deutsche Telekom war das erste Unternehmen mit einer Recruiting-App. Wie habt Ihr die App inzwischen erweitert?
Unsere „Jobs&More“ App präsentiert die Telekom Jobwelten auf iOS (für iPhone und iPad), WindowsPhone und Android Endgeräten. Mittlerweile haben wir bei „Jobs&More“ auch Jobs unserer zahlreichen Landesgesellschaften eingebunden und Kandidaten können sich mit ihrem Webprofil (z.B. XING oder LinkedIn) bewerben. Wir nutzen die App aber nicht nur als Stellenbörse, darum der Zusatz „&More“. Wer sich in einem Unternehmen bewirbt, will wissen, was ihn dort erwartet, wie die künftigen Kolleginnen und Kollegen ticken,  was sie an ihrem Arbeitgeber gut finden – und wo er noch nachlegen muss. Das alles sieht man zum Beispiel in den Mitarbeitervideos, die wir ebenfalls integriert haben.

saatkorn.: Ganz wichtig: ist die App nur ein Image-Tool oder ein echtes Recruiting-Werkzeug? Habt Ihr bereits Einstellungen darüber realisieren können?
Die App kann beides. Sie ist ein echtes Recruiting-Instrument, das gleichzeitig unser Image als innovatives Unternehmen stärken soll. Wir haben sehr früh versucht, die Chance des mobile Recruiting zu nutzen und finden, dass uns die Zahlen recht geben: Seit dem Start wurde die App über 37.000-mal heruntergeladen. Die Online-Kanäle werden in Zukunft sicher noch wichtiger. Der Branchenverband BITKOM erwartet, dass 2012 erstmals mehr Smartphones als traditionelle Handys verkauft werden. Und schon jetzt erreichen uns direkte App-Bewerbungen. Häufiger aber stoßen die Bewerber in der App auf ein interessantes Stellenangebot und bewerben sich dann anschließend am PC.

saatkorn.: Die Deutsche Telekom ist auch Partnerunternehmen von careerloft. Was sind Eure ersten Erfahrungen nach den ersten 2 Monaten?
careerloft ist eine absolute Vitaminspritze für verrückte Recruiting-Ideen. Dieser „Trau Dich! Sei mutig“-Geist gefällt uns. Wir freuen uns, dass wir erneut an einem innovativen Format mitarbeiten können. Bei careerloft gibt es noch keine eingefahrenen Bahnen, aus denen man sofort rausfliegt, wenn man mal etwas ganz anders machen möchte. Kein Einfall ist so abgefahren, dass er bei careerloft nicht diskutiert wird. Ein tolles Klima, finde ich. Zudem reizt uns der Mix aus Social Media-Portal und Förderung von Talenten. Gemeinsam mit careerloft arbeiten wir gerade daran, ganz gezielt die für uns besonders interessanten IT-ler anzusprechen.

saatkorn.: Kommen wir zum Thema Professionals. Welche Maßnahmen ergreift Ihr hier, um die Zielgruppe zu erreichen?
Professionals  – jedes Unternehmen braucht sie, aber es ist schwer, sie zu locken. Sie haben ja meist bereits einen Job. Oft bei hervorragenden Unternehmen. Es muss also einen sehr guten Grund geben, damit sie wechseln. Unser Ansatz: Wir möchten immer dann, wenn sich ein Professional zum Wechsel entschließt, die erste Adresse sein, die beste Alternative. Und das braucht Vorarbeit. Die Leute müssen uns kennen lernen, müssen wissen, was uns ausmacht. Also sorgen wir für überraschenden Gesprächsstoff. Zum Beispiel mit unserer Streetbranding-, Eis- und Croissant-Aktion. Das war Guerilla-Personalmarketing vor den Toren der Wettbewerber. Wir haben im Sommer vor mehreren IT-Unternehmen unser Eis- und Croissant-Mobil aufgestellt und kamen mit den Mitarbeitern ins Gespräch. Ohne konkrete Recruiting-Absichten – wir wollen für die Professionals einfach sichtbarer werden. Dass das den Unternehmen nicht immer gefallen hat, war klar. Aber die meisten Firmen haben sehr souverän reagiert und uns zB zur Diskussion in die Kantine geladen, das hat uns sehr beeindruckt.

Grafik: Auch bei der Suche nach Professionals innovative Wege gehen!

saatkorn.: Ein Beispiel ist kyvyt. Was verbirgt sich dahinter, wie seid Ihr hier aktiv geworden?
Hut ab vor kyvyt. Das ist finnisch und bedeutet „Talent“. Genau der richtige Titel für die Online-Plattform der ehemaligen Nokia-Mitarbeiter aus Ulm, die sich im Internet selbst vermarkten. Ich bin begeistert von deren Mumm. Wer Macher sucht, ist bei ihnen an der richtigen Adresse. Auf der Plattform lernt man echte Menschen und ihre beruflichen Fähigkeiten kennen. Bequemer kann es für Recruiter  gar nicht sein. Wir mussten nur den Ball aufgreifen. Deshalb haben wir immer dann, wenn wir einen passenden Job hatten, der betreffenden Person über die sozialen Medien geantwortet. Und wir waren mit den Kollegen von T-Systems vor Ort, haben 100 Gespräche geführt. 150 Bewerbungen erreichten uns. Übrigens haben wir so schon vier Kolleginnen und Kollegen eingestellt.

Grafik: kyvyt – Professional Recruiting.

saatkorn.: Glaubst Du, dass sich der Personalmarketing- und Recruitingprozess komplett über IT abspielen sollte? – Es gibt ja Unternehmen, die diesen Weg einschlagen, wie beispielsweise Xerox. Was hältst Du davon? Ist das auch ein Weg für die Deutsche Telekom?
Es war zu lesen, dass Xerox mit dieser Art der elektronischen Mitarbeiterauswahl gute Erfahrungen gemacht hat. Das will ich gar nicht bewerten. Zu unserem Employer Branding bzw unserer Kultur passt es jedoch gar nicht. Wir möchten den Menschen nicht durch einen Algorithmus ersetzen. Für uns ist die Persönlichkeit des Bewerbers entscheidend,  und die einzuschätzen übernimmt bei uns immer ein Mensch: unsere Recruiter, die inhaltlich  Experten für die von ihnen betreuten Stellen sind. Die wissen, welche Qualifikationen notwendig sind und engen Kontakt zu den einstellenden Fachbereichen halten.

saatkorn.: Stefan, herzlichen Dank für das Interview – und weiterhin viel Erfolg bei Deinen zahlreichen spannenden Aktivitäten! 

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

Ein Gedanke zu „Im Employer Branding und Recruiting-Dschungel mit der Deutschen Telekom

  • 10. Februar 2014 um 03:12
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