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Wie wirkt Corona auf das Recruiting? – Interview mit Marius Luther

Marius Luther von HeyJobs

Marius Luther von HeyJobs

Wie wirkt Corona auf das Recruiting? – Über diese Frage habe ich ja bereits im Podcast mit Wolfgang Brickwedde gesprochen. Heute habe ich ein paar spannende Analysen von HeyJobs am Start. Ich hatte Gelegenheit, dazu mit Ko-Founder Marius Luther zu sprechen. Auf geht’s: 

SAATKORN: Marius, bitte stelle Dich den SAATKORN Leser*innen kurz vor.
Sehr gerne. Ich bin Marius Luther, Mitgründer und CEO von HeyJobs GmbH. Ich lebe mit meiner Frau und meiner zweijährigen Tochter in Berlin, wo ich jetzt auch schon seit ein paar Jahren in der Startup-Szene unterwegs bin: Zuerst als CMO bei Wimdu und anschließend habe ich, zusammen mit Marius Jeuck, Memorado gegründet. Das ist eine App, mit der Nutzer ihre kognitiven Fähigkeiten wie Erinnerung und Logik verbessern können. Als wir für Memorado IT-Entwickler gesucht haben, sind wir mit traditionellen Recruiting-Lösungen nicht weitergekommen. Da kam uns die Idee, Best-Practices aus den Bereichen Conversion Optimization und Marketing Automation im Recruiting anzuwenden. Dadurch konnten wir die Anzahl der Einstellungen pro Monat verdoppeln und die Idee von HeyJobs war geboren. Jetzt helfen wir schon über 1.000 Arbeitgebern in Deutschland dabei, Einstellungen zu tätigen.

SAATKORN: Ihr verfügt bei HeyJobs ja über eine Vielzahl von Daten – inwiefern wertet Ihr diese Daten auch im Hinblick auf die Corona-Situation aus?
Wir sind bei HeyJobs tatsächlich in einer guten Position, sehr schnell Daten über Jobs und Bewerber zu erhalten. In der momentanen Ausnahmesituation, in der man auf keine Vergleichswerte zurückgreifen kann und daher geneigt ist, sich vom Bauchgefühl leiten zu lassen, schaffen Daten Klarheit und können richtungsweisend sein.

SAATKORN: Um was für Daten geht es beispielsweise?
Es geht um Daten aus unseren Recruitment-Marketing-Aktivitäten. Dafür muss ich ganz kurz zum allgemeinen Verständnis etwas ausholen: Der KI-basierte HeyJobs Algorithmus spielt Stellenanzeigen unserer Kunden auf über 50 Kanälen und 1000 Seiten aus. Dazu zählen aktive Kanäle (Stellenbörsen) sowie passive Kanäle (Zielgruppenmarketing auf Social Media). Der Algorithmus lernt, über welche Kanäle qualifizierte Kandidaten kommen, und über welche nicht. Das Budget wird täglich und vollautomatisch auf die besten Kanäle verteilt, so dass immer für jeden Job die höchste Anzahl an qualifizierten Kandidaten generiert werden.

SAATKORN: Wie wirkt Corona auf das Recruiting?
Interessanterweise wird aktuell viel weniger nach „Jobs“ gesucht. Bestätigt wurde diese Erkenntnis durch eine Google-Trends-Analyse des Suchbegriffs „Jobs“. Die Analyse hat gezeigt, dass seit Mitte März ein ähnlicher Einbruch der aktiv Jobsuchenden erkennbar ist, wie sonst nur in der Weihnachtswoche (siehe Grafik 1).

 

Wie wirkt Corona auf das Recruiting? Grafik 1 von HeyJobs – Quelle: Google Trends: Suchen nach dem Suchbegriff „Jobs” in Deutschland pro Woche (Link). Beschriftungen wurden zur Übersichtlichkeit hinzugefügt.

Auch bei den beiden größten Stellenbörsen Indeed und Stepstone ist auf Google Trends ein absolut identischer Einbruch zu erkennen. Beide haben ca. 50% ihres Suchvolumens und damit Ihrer Kandidaten verloren (siehe Grafik 2).

Wie wirkt Corona auf das Recruiting? Grafik 2 von HeyJobs Quelle: Google Trends: Suchen nach den Suchbegriffen „Indeed” und „Stepstone” in Deutschland pro Woche (Link). Beschriftungen wurden zur Übersichtlichkeit hinzugefügt.

SAATKORN: Was für Erkenntnisse lassen sich daraus in Bezug auf das Job-Suchvolumen in Deutschland ableiten? Also suchen trotz Krise jetzt weniger Leute nach Jobs als vor Corona?
Die aktive Suche nach neuen Jobs ist eingebrochen, auch wenn es dem Bauchgefühl erstmal widerspricht. Das haben unsere Daten belegt und auch Google Trends zufolge ist dieses Verhalten anhaltend und scheint sich erstmal nicht zu erholen. Unsere Hypothese dazu lautet, dass vorher vor allem Menschen nach neuen Jobs gesucht haben, um sich beruflich weiterzuentwickeln. In der Krise möchte aber niemand wechseln und in eine neue Probezeit geraten. Gleichzeitig hat das Kurzarbeitergeld dazu geführt, dass es noch zu keinem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit kam.

SAATKORN: Demzufolge stehen noch mehr als vorher die passiven Kandidaten im Fokus. Da dürften die traditionellen Jobboards es aktuell dann auch schwerer als vor der Krise haben, oder?
Ja, denn die haben jetzt einfach 50% weniger Kandidaten. Was wir daraus schließen: Monoschaltungen auf Stellenbörsen sind zu riskant. Ähnlich wie in einem guten Aktienportfolio ist die Diversifizierung extrem sinnvoll und mit dem HeyJobs Algorithmus klappt das ohne viel Aufwand. Unser Algorithmus hat hier hervorragend reagiert und Budget von Stellenbörsen abgezogen und auf das Gewinnen von passiven Kandidaten z.B. auf Instagram umgeschichtet.  Im Februar 2020 gewann HeyJobs im Durchschnitt 33,2 Kandidaten pro Job, davon waren ca. ⅔ aktiv suchende Kandidaten, die wir über Stellenbörsen wie Indeed, Jobrapido, eBay Kleinanzeigen uvm. gewinnen konnten, und  ⅓ waren “passive” Kandidaten, die wir über Zielgruppenmarketing auf Facebook, Instagram, Google Display Netzwerk gewinnen konnten. Seit dem 15. März 2020 sehen wir ein sehr verändertes Bild: Der HeyJobs Algorithmus verteilt seitdem deutlich mehr Budget auf Zielgruppenmarketing als auf Stellenbörsen. Passive Kandidaten haben sich dafür von 12,0 auf 18,0 pro Monat pro Job deutlich erhöht. Insgesamt konnte unser Algorithmus die Performance so sogar um +6% steigern (siehe Grafik 3).

Wie wirkt Corona auf das Recruiting? Grafik 3 von HeyJobs  Quelle: HeyJobs Daten 2020.

SAATKORN: Und wie wirkt sich die Corona Krise auf Eure Arbeit bei HeyJobs aus?
Wir sehen in einigen Branchen ganz klar Einbrüche. In vielen Branchen, wie z.B. Lebensmitteleinzelhandel, Pflege oder Handwerk, ist der Bedarf an Arbeitskräften weiterhin hoch. Mit Kunden kommunizieren wir jetzt virtuell: Wir bieten Webinare an und haben ein Forum für unsere Kunden geschaffen, in dem sie sich mit Gleichgesinnten austauschen können. Das wurde sehr gut und dankend angenommen und das nächste Forum ist für den 19. Mai 2020 geplant, dazu ist jeder Recruiter herzlich eingeladen (Anmeldung hier).

Ansonsten sind wir schon seit Mitte März im HomeOffice. Wir alle vermissen den Kontakt zu Kollegen und das besondere HeyJobs-Gefühl, dennoch finde ich es erstaunlich, wie schnell man sich an eine neue Routine anpassen kann. Allerdings haben wir auch ein engagiertes People Team, dass mit kreativen Aktionen wie Postkarten und Care Packages, Virtual Yoga oder Gemeinsam Kochen den Zusammenhalt auch virtuell stärkt. Wir sind alle gespannt, was die nächsten Wochen bringen, und schauen mit Zuversicht nach vorne.

SAATKORN: Vielen Dank für das Interview Marius. Und weiterhin viel Spaß und Erfolg mit HeyJobs!

Hier kannst Du den Podcast mit (u.a.) Marius Luther zum Thema DIGITAL RECRUITING hören:

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