Universum Student Survey 2025: Kündigungen kosten Unternehmen Sympathie und Image
Der Universum Student Survey 2025 liegt vor. Ein zentrales Ergebnis: Automobilunternehmen, die Arbeitsplätze abbauen, verlieren an Attraktivität. Zu den wichtigsten Ergebnissen habe ich mit David Falzon gesprochen. Er verantwortet das Deutschlandgeschäft von Universum. Die Employer-Branding-Beratung hat für die Erhebung zwischen November 2024 und Mai 2025 deutschlandweit 23.607 Studierende befragt, was ihnen in Job und Karriere wichtig ist.
SAATKORN: David, der jährliche Universum Student Survey ist veröffentlicht – was sind die zentralen Ergebnisse?
Das sind auf jeden Fall die deutlichen Rankingverluste in der Automobilbranche und dort vor allem der Unternehmen, die Entlassungen angekündigt haben. Unter ihnen sind auch Volkswagen und Tesla. Dagegen gewinnt die Bankenbranche am meisten an Attraktivität, aber auch für Accounting und Wirtschaftsprüfung geht es nach oben. Die Verteidigungs-, Luft- und Raumfahrtindustrie setzt ihren Aufwärtstrend fort, allen voran Rheinmetall. Darüber hinaus sehen wir, dass Werte mit dem Fokus auf Mitarbeitenden, wie Respekt und Wohlbefinden, erstmals für Studierende wichtiger sind als klassische Faktoren wie Gehalt und Prestige. Außerdem sind Studierende generell offen gegenüber KI am Arbeitsplatz.
SAATKORN: Was hat dich am meisten überrascht?
Die starken Verluste der Automobilunternehmen und -zulieferer, die wir auch in anderen europäischen Ländern wie Frankreich und Italien sehen. Hierzulande büßt Tesla 22 Plätze bei den Studierenden der Wirtschaftswissenschaften und 17 im Ingenieurwesen ein. Volkswagen fällt um 14 Plätze bei angehenden Wirtschaftswissenschaftler*innen und 6 im Ingenieurwesen-Ranking. Das Unternehmen zählt damit für angehende Ingenieur*innen nicht mehr zu den Top 10 Arbeitgebern. In diesem Fachbereich rutschen zudem MAN Truck & Bus (-30), Ford Motor Company (-34), Continental (-12) und ZF Friedrichshafen (-32) deutlich im Ranking ab. Alle diese Unternehmen haben mehrere Tausend Entlassungen umgesetzt oder angekündigt. Ein so direkter Zusammenhang zwischen der aktuellen wirtschaftlichen Lage und der Wahrnehmung von Unternehmen als attraktive Arbeitgeber sehen wir erstmals bei den Studierenden. So unmittelbar hat sich das bislang lediglich bei den Young Professionals gezeigt. Generell lassen sich stärkere Schwankungen in den Rankings oft durch gesellschaftliche, wirtschaftliche oder mediale Entwicklungen erklären. Allerdings sind sie eben nur einer von vielen Faktoren, die das Ranking beeinflussen. Hier kommt die Employer Brand ins Spiel: Ist sie stark, sind Unternehmen besser gegen negative Entwicklungen gewappnet und profitieren stärker von positiven Trends.
SAATKORN: Erklärt das, warum Porsche seine Position weitgehend behaupten kann?
Das ist definitiv ein Aspekt. Porsche investiert ganz gezielt in gutes Employer Branding, indem es Themen wie Innovation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit kommuniziert, während es auf das Traditionsimage setzt. Als Love Brand vermittelt der Autobauer mit seinem Lifestyle-Image ein Gefühl von Exklusivität. Es liegt nahe, dass Porsche für Studierende, die früher Volkswagen oder Tesla als attraktivsten Arbeitgeber gewählt hätten, jetzt möglicherweise die modernere und attraktivere Alternative innerhalb der Branche ist. Hinzu kommt, dass das Unternehmen weniger durch negative Schlagzeilen belastet ist als Volkswagen oder Tesla.
SAATKORN: Wie erklärst du dir den Aufwärtstrend von Banken, Accounting und Wirtschaftsprüfung?
Bei den Banken könnte ein Imagewandel der Grund sein: Die Unternehmen investieren in Digitalisierung, Start-up-Kollaborationen und nachhaltige Finanzprodukte. Das macht sie zunehmend moderner. Außerdem bieten sie Studierenden klare Strukturen, gute Einstiegsgehälter und Entwicklungsmöglichkeiten. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und geopolitischer Spannungen gewinnt die Finanzbranche offenbar wieder an Attraktivität, schließlich steht sie für viele nach wie vor für Sicherheit und Stabilität. Ebenfalls durch planbare Karrierewege gekennzeichnet, ist Accounting und Wirtschaftsprüfung vor allem bei BWL-Studierenden beliebt. Gleichzeitig investieren die Big 4 Deloitte, EY (Ernst & Young), KPMG und PricewaterhouseCoopers (PwC) massiv in Universitätsmarketing und Nachwuchsförderung.
SAATKORN: Und auch Verteidigung, Luft und Raumfahrt werden angesichts der aktuellen Krisen weiterhin attraktiver?
Das kann man so sagen – allen voran Rheinmetall. Das Unternehmen steigt im Vergleich zum Vorjahr im Ingenieurwesen-Ranking um 7 Plätze auf Rang 8 und schafft es damit in die Top 10. Im IT-Ranking klettert Rheinmetall sogar 19 und bei angehenden Naturwissenschaftler*innen 8 Plätze nach oben. Auch in Schweden, Dänemark und Finnland gewinnt die Branche zunehmend an Attraktivität. Damit wird ein weltweiter Wandel deutlich. Unternehmen mit einem klaren Bezug zu Sicherheit gewinnen zunehmend an Bedeutung und gesellschaftlichem Ansehen. Durch den Ukrainekrieg ins Zentrum des gesellschaftlichen Diskurses gerückt, gewinnen sie politisch und gesellschaftlich an Relevanz. Besonders Studierende, die technisch interessiert sind, könnten sie wieder als sinnvoll und zukunftsorientiert wahrnehmen. Moderne Technologien wie KI, Robotik und Sensorik steigern zusätzlich ihre Attraktivität im technologischen Bereich.
SAATKORN: Welche Unternehmen sind denn im aktuellen Ranking die absoluten Top-Arbeitgeber?
Insgesamt hat sich da wenig verändert: In den beiden Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften und Ingenieurwesen ist Porsche weiterhin an der Spitze. BMW Group belegt Rang 3 und Audi Platz 5. Dazwischen positioniert sich in den Wirtschaftswissenschaften Mercedes-Benz Group auf Rang 2 und Apple auf Platz 4. Damit behaupten in diesem Fachbereich alle Top-5-Unternehmen ihre Positionen. Bei angehenden Ingenieur*innen liegt Siemens auf dem zweiten und Mercedes-Benz Group auf dem vierten Platz. IT-Studierende möchten am liebsten bei Google arbeiten, gefolgt von Apple, Microsoft, Porsche und SAP auf den Plätzen zwei bis fünf. SAP schafft es damit in die Top 5. Die meisten angehenden Naturwissenschftler*innen zieht es zur Max-Planck-Gesellschaft. BioNTech, die Fraunhofer-Gesellschaft, Bayer und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) positionieren sich auf dem zweiten bis fünften Platz.
SAATKORN: Was macht Unternehmen heutzutage zu attraktiven Arbeitgebern?
Das ist wirklich spannend, denn hier rücken immer stärker sogenannte „weiche“ Faktoren in den Mittelpunkt, die den Fokus auf die Mitarbeitenden legen. Bereits in den vergangenen Jahren haben Respekt, flexible Arbeitsbedingungen und Work-Life-Balance an Bedeutung gewonnen. Jetzt führen erstmals ”Respekt für die Mitarbeitenden” und ”Wohlbefinden der Mitarbeitenden” die Liste der Top-Arbeitgebereigenschaften an. Für 59 beziehungsweise 51 Prozent aller Studierenden zählen beide zu den wichtigsten Faktoren, wenn es um ihren zukünftigen Job geht. Sie sind damit sogar wichtiger als klassische Faktoren wie Gehalt und Prestige. Nachhaltigkeit und Innovation verlieren ebenfalls wieder an Bedeutung.
SAATKORN: Woran könnte der stärkere Fokus auf „weichen“ Faktoren liegen?
Eine naheliegende Erklärung ist, dass das Bewusstsein für psychische Gesundheit gestiegen ist und der Wunsch nach emotionaler Sicherheit zunimmt – insbesondere vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Unsicherheit, unternehmerischer Sparmaßnahmen und eines angespannten Arbeitsmarktes.
SAATKORN: Du sagtest, dass Studierende KI gegenüber generell offen sind. Was genau heißt das?
Die überwiegende Mehrheit der Studierenden, 86 Prozent der Frauen und 91 Prozent der Männer, ist tatsächlich positiv, neugierig oder optimistisch gegenüber KI am Arbeitsplatz gestimmt. Unterschiede gibt es zwischen den Geschlechtern: Männliche Studierende sind positiver gegenüber KI eingestellt, Frauen dagegen neugieriger. Letzteres trifft auch auf jüngere Studierende (16–19 Jahre) zu, die aber weniger positiv eingestellt sind. Hier könnte die begrenzte Erfahrung im Umgang mit KI eine Ursache für die Zurückhaltung sein, denn Studierende mit entsprechen Skills äußern sich zuversichtlicher. Es scheint, dass Vertrautheit mit KI auch mit Vertrauen in diese Technologie einhergeht. Spannend ist darüber hinaus der Zusammenhang zwischen KI-Kenntnissen und dem Alter: In den Wirtschaftswissenschaften und der IT hat jeweils die jüngste Altersgruppe (16–19 Jahre) die geringsten, die älteste (30–39 Jahre) die meisten KI-Kenntnisse. Im Ingenieurwesen bleiben die KI-Skills dagegen über alle Altersgruppen hinweg konstant, was auf eine Lücke in der Lehrplanentwicklung hinweist. Im Gegensatz zu IT- oder Wirtschaftsstudiengängen sind viele Lehrpläne im Ingenieurwesen in Deutschland noch nicht in der Lage, KI-Kompetenzen zu vermitteln. Das könnte die zukünftige Einsatzbereitschaft in diesem Bereich beeinträchtigen.
SAATKORN: David, vielen Dank für die spannenden Einblicke in den Universum Student Survey 2025!
Die Arbeitgeberrankings der Studierenden in Deutschland stehen hier zum Donwload zur Verfügung.