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Gewinne „Agiler führen“ von Svenja Hofert

Gewinne "Agiler Führen" von Svenja Hofert.

Heute dreht sich auf saatkorn. Alles um „Agiler führen“, das neue Buch von Karriere-Expertin Svenja Hofert. Ich hatte Gelegenheit, mit Svenja Hofert zum Buch zu sprechen. Auf geht’s:

saatkorn.: Frau Hofert, bitte stellen Sie sich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Vielleicht kennen einige den ein oder anderen Artikel oder ein Buch, 35 Sach- und Fachbücher sind es inzwischen. In den letzten Jahren berate ich vor allem Unternehmen und Führungskräfte bei persönlichen Veränderungen und bilde Berater und Coachs aus. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf Aspekten der Entwicklungspsychologie und Werteentwicklung. Aus meiner Sicht greifen Kompetenz- und Verhaltensschulungen viel zu kurz. Seit zwei Jahren bin ich zusätzlich Geschäftsführerin von Teamworks GTQ  Gesellschaft für Teamentwicklung und Qualifizierung GmbH. Hier spielt auch das Thema Organisationsentwicklung mit hinein und natürlich Change und Kulturwandel.

saatkorn.: Ganz aktuell ist ein neues Buch von Ihnen erschienen: „Agiler führen“. Wie ist die Idee zu dem Buch entstanden?
Das Thema Agilität losgelöst vom Kontext eines Scrum oder Kanban habe ich entdeckt, weil ich Geschäftsführer von Unternehmen beraten habe, die agil arbeiteten. Das hat mich fasziniert, da ich in meiner Praxis oft extreme Gegensätze erlebe wie Führung interpretiert wird. Das reicht vom Command and Order bis zu einer sich selbst verbessernden Selbstorganisation. Ich habe mich daraufhin mit Studien zu dem Thema beschäftigt und immer mehr Aspekte von Agilität gefunden, die nicht wirklich an ein agiles Framework gebunden sind. So wird durch bestimmte Vorgehensweisen einfach eine strukturierte und sachbezogene Kommunikation gefördert. Man konzentriert sich aufs Arbeiten. Das fand ich sehr spannend, weil ich Kunden habe, die mir aus Konzernen berichten, in denen sie 80% der Zeit mit Beziehungsdialogen vollbringen, die niemanden weiterbringen. Agilität hat also eine soziale und Fokus-fördernde Komponente. Darüber hinaus gab es bisher vor allem Ansätze, die Agilität auf die Unternehmensführung übertrugen. Mir geht es aber auch und gerade um die Personalführung.

saatkorn.: Der Metatrend Digitalisierung verändert im Geschäftsleben nahezu alles und hat insbesondere fundamentale Auswirkungen auf das Thema Führung. Wie würden Sie die Führungskraft der Zukunft beschreiben? Auf welche Kompetenzen kommt es zukünftig besonders an?
Wir müssen damit aufhören, Personalführung als das Verteilen von Aufgaben anzusehen, wie es oft noch der Fall ist. Man braucht immer mehr unterschiedliches Wissen und Kompetenzen von verschiedenen Experten, die ein Team bilden. Teamarbeit wird also immer relevanter. Gleichzeitig wächst die Zahl von Schnittstellen, so dass es mehr und mehr auch um übergreifende Kommunikation geht, zu der Teams und Führungskräfte in der Lage sein müssen. Und es wird mehr und mehr offenbar, dass es unterschiedliche Wahrheiten, Perspektiven und Sichtweisen gibt, deren Einbeziehen wichtig für das Unternehmen ist. Menschen müssen sich nach vielen Seiten öffnen. Führungskräfte sind Katalysatoren für diese Öffnungen, dafür müssen sie aber selbst offen sein. Wir brauchen keine „great men“, die alles wissen und bestimmen, sondern fragende und dialogorientierte Führungskräfte, den die können auch transformieren im besten Sinn.

Menschen müssen sich viel mehr austauschen und viel mehr Aspekte einbeziehen als früher. Das geht nicht, wenn man bereichsbezogen denkt. In den Medien oft belächelte Großprojekte zeigen die krassen Auswüchse von Inseldenken.

Das bedeutet auch, dass Führung nicht mehr nur Coaching ist, sondern auch Teamentwicklung im Sinne einer Förderung von Selbstorganisation und Verantwortungsübernahme. Da ist gerade viel Verwirrung in den Unternehmen. Nicht wenige Führungskräfte finden es schwer, ich vom Gedanken des „Allwissenden“ zu verabschieden und dem Team die Kompetenz zu geben.

saatkorn.: Im Buch „Agiler führen“ stellen Sie die Ergebnisse einer Studie vor, welche das Teamklima agiler Gruppen mit dem Teamklima nicht agiler Gruppen vergleicht. Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Ergebnisse dieser Studie?
Das Teamklima für Innovation ist ein diagnostisches Instrument, das unter anderem Subskalen zur Visions- und Aufgabenorientierung hat. Es ermittelt, wie es um die Voraussetzungen für Innovation bestellt ist. Agile Methoden fördern einen strukturierten Austausch und helfen, sich auf das Produkt oder Projekt zu konzentrierten. Dies geschieht zum Beispiel durch regelmäßige Meetings, Retrospektiven, aber auch die Visualisierung des Workflows. Auch Entscheidungskompetenzen sind ins Team verlagert.

saatkorn.: Neben Kompetenzen ist es für Führungskräfte wichtig, agile Ansätze auch in der Praxis umzusetzen. Mir gefällt an Ihrem Buch „Agiler führen“ insbesondere der sehr praxisorientierte Teil „Agile Toolbox von A bis Z“. Eine Sammlung von in der Praxis erprobter Maßnahmen. Gibt es da aus Ihrer Sicht „Klassiker“, die eine Führungskraft in jedem Fall drauf haben sollte?
Immer und in jedem Team bietet es sich an erst einmal möglichen „Dysfunktionen“ auf die Spur zu kommen, das ist ein dauernder Prozess, denn z.B. Commitment zu erzeugen ist einigermaßen schwer – vor allem, wenn sie ein gemeinsames Verständnis von Commitment wollen und kein Lippenbekenntnis. Zu den Dysfunktionen gibt es im Buch einen Test, der auch online verfügbar ist.

Sonst empfehle ich erst einmal einen „Reifetest“, dazu habe ich ein Raster entwickelt. Weiter gibt es unser agiles Werteposter. Damit kann die Führungskraft mit dem Team ermitteln, wo sie bezogen auf sechs agile Werre stehen, im grünen, gelben oder roten Bereich. Daraus ergeben sich die Maßnahmen.

Ich verstehe Agilität wie einen Schiebregler, den man je nach Umfeld anpassen kann. Nehmen wir Entscheidungstechniken im Team. So etwas wie der „Konsent“ oder auch „konsultative Einzelentscheid“ ist bereits recht fortgeschritten und erfordert einen anderen Reifegrad als eine Abstimmungsentscheidung mit Klebepunkten oder das systemische Kondensieren (dabei meldet sich nur derjenige, der ein ungutes Gefühl bei einer Entscheidung hat).

saatkorn.: Viele, insbesondere große, Organsitationen kranken ja daran, dass die einzelne Führungskraft gern agiler agieren würde, aber durch Hierarchie, starre Regelungen und Konzerndenke dabei gehemmt wird. Was empfehlen Sie Führungskräften mit Veränderungswillen in starren Organisationen?
Den Rahmen ihrer Möglichkeiten zu nutzen. Wer immer nur darauf wartet, dass sich erst oben alles ändert, wird möglicherweise grau darüber. „Work underground“ gilt für mich nicht nur für das taktisch clevere Undercover-Entwickeln von Produkten, die sonst nie genehmigt würden, sondern kann auch auf die Führung übertragen werden. Man wird als einzelne Führungskraft keine Holakratie einführen oder die Chefwahl zum Prinzip machen können, aber mal das Team über den neuen Kollegen entscheiden lassen? Oder ein Taskboard mit morgendlichen Standups ausprobieren? Allerdings gilt auch hier: Entscheidend ist die Reife der Organisation, des Teams und der Führungskraft selbst. Und: alles ist ein Experiment und das erfordert Reflexion. Wichtig ist also, egal was man macht, sich darüber auszutauschen. Um das Neue weiter zu optimieren. Oder wieder abzuschaffen.

saatkorn.: Frau Hofert, vielen Dank für das Interview rund um „Agiler führen“!

 

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