Kerstin Bund und ihr Generation Y Buch „Glück schlägt Geld“

Kerstin Bund und ihr Generation Y Buch „Glück schlägt Geld“

Und schon ein weiteres Highlight in der saatkorn „Schnaps bleibt Schnaps“ Aktion: das Buch „Glück schlägt Geld“ von ZEIT Redakteurin Kerstin Bund hat in den letzten Wochen in der Bloggerszene für Aufmerksamkeit gesorgt. Interessant fand ich den „offenen Brief“ von Bloggerkollege Scheller. Aber wie immer ist ja besonders spannend zu erfahren, was ein Autor selbst zum Buch so sagt. Umso mehr freue ich mich, dass die ZEIT Wirtschaftsredakteurin und Autorin Kerstin Bund zu einigen saatkorn.-Fragen Rede und Antwort gestanden hat. Also – auf geht’s (und die Spielregeln zur Buchverlosung – saatkorn. verlost 3 druckfrische Exemplare):

saatkorn.: Frau Bund, bitte stellen Sie sich den Saatkorn. LeserInnen doch kurz vor. Ich bin mir sicher, dass der eine oder die andere bereits Artikel von Ihnen gelesen hat, ohne darauf zu achten, wer denn da so geschrieben hat…
Kerstin Bund: Ich bin 31 Jahre alt, verheiratet, und arbeite seit fünf Jahren im Wirtschaftsressort der ZEIT in Hamburg. Dort schreibe ich über Unternehmen wie die Deutsche Bahn, porträtiere Konzernlenker oder kommentiere das aktuelle Wirtschaftsgeschehen, etwa die Rentenpläne der großen Koalition. Ich beschäftige mich also mit einem bunten Strauß von Themen. Besonders interessieren mich  Fragen rund um das Thema Arbeitswelt. Wie wir künftig leben und arbeiten wollen, das finde ich extrem spannend. Hier eine Auswahl von Artikeln, die ich dazu geschrieben habe: zum Thema Generationengerechtigkeit, über Carsten Maschmeyer, über Käte Ahlmann, die Deutsche Bahn oder zum Thema „irre erfolgreich“.

saatkorn.: Nun haben Sie ein Buch veröffentlicht: „Glück schlägt Geld“ . Wie kamen Sie auf die Idee zu dem Buch, wen und was wollen Sie mit dem Buch erreichen?
Kerstin Bund: Die Idee zu diesem Buch entstand nach einer Titelgeschichte in der ZEIT, die ich gemeinsam mit zwei Kollegen Anfang 2013 recherchiert habe. Es ging darin um die Generation Y und ihre Erwartungen an die Arbeitswelt.

Eine These lautete: Die jungen Beschäftigten können ihre Bedürfnisse in der Berufswelt besser durchsetzen als frühere Generationen, weil sie einen Trumpf in der Hand halten, der ihren Eltern und Großeltern vorenthalten war: die Macht der Demografie. Die Generation Y profitiert von ihrer geringen Größe. Nachdem die Geschichte erschienen war, erreichten uns so viele Briefe und Mails von Lesern wie selten zuvor zu einem Artikel. Viele waren zustimmend, einige waren aber auch kritisch. Da merkte ich: Das Thema trifft einen Nerv und hat das Potenzial, eine kontroverse Debatte anzustoßen. Zu dieser Debatte möchte ich mit diesem Buch beitragen. Außerdem soll es mit den Missverständnissen und Klischees über meine Generation aufräumen, die bei vielen Chefs und Personalmanagern noch immer vorherrschen. Es stimmt zum Beispiel nicht, dass wir faul seien. Wir wollen arbeiten, nur anders, mehr im Einklang mit unseren Bedürfnissen. Und uns im Job nicht versklaven.

saatkorn.: Mir hat Ihr Buch gut gefallen, da ich die Verknüpfung von persönlicher Sichtweise mit den vielen im Buch erwähnten und dankenswerterweise im Anhang aufgelisteten Quellen und Studien spannend finde. Wie sind denn bislang die Reaktionen auf Ihr Buch – es steckt ja durchaus Sprengkraft darin?!
Als das Buch erschienen ist, habe ich in der ZEIT einen Essay verfasst, der die Essenz meines Buchs zusammenfasst. Auch auf diesen Artikel gab es – genau wie auf die Titelgeschichte vor einem Jahr – kontroverse  Reaktionen: Vor allem in den sozialen Netzwerken wurde der Text häufig verlinkt und kommentiert. Dort gab es – meist von Vertretern der Generation Y – sehr viel Zuspruch nach dem Motto „Du sprichst mir aus der Seele“. Oder: „Ich finde mich in dem Text hundertprozentig wieder“. Es gab aber auch ein paar emotionale Briefe, meist von älteren Semestern, die ihr eigenes Lebens- und Arbeitsmodell in Frage gestellt sahen und sich irgendwie provoziert fühlten. Ein BWL-Professor etwa, der auch mein Buch gelesen hatte, schrieb mir eine wahnsinnig lange Mail, in der er auf einzelne Punkte im Buch sehr detailliert einging. Daraufhin haben wir uns entschieden, ihm ein Forum in der ZEIT zu bieten, in dem er seine Meinung auf den Punkt bringen konnte. In dieser Woche ist seine „Replik eines Babyboomers“ erschienen (der Text müsste kommende Woche online sein, Anm.).

saatkorn.: Sie postulieren in Ihrem Buch, dass Unternehmen sich ändern müssen, wollen Sie Wissensarbeiter aus der Generation Y zukünftig noch gewinnen und binden. Das Thema „New Work“ wird auch in meinen Augen zu einem entscheidenden Thema bei Wissensarbeitern. Der Paradigmenwechsel auf dem Arbeitsmarkt ist in bestimmten Branchen und bei bestimmten Zielgruppen ja in vollem Gange. Als Initiator des Karriere-Netzwerks „careerloft“ haben wir von embrace eine Studie mit > 3.600 TeilnehmerInnen aus der Generation Y rund um das Themenfeld „Sinn und Karriere“ durchgeführt, die u.a. zur spannenden Erkenntnis kommt, dass Unternehmen ihre Unternehmenskultur radikal ändern müssen. In der Regel sind die in Konzernen vorhandenen Strukturen ja durch Entscheidungsträger bestimmt, die meistens aus der Generation der Baby Boomer und oft aus der Generation X kommen, also aus einer völlig anderen Lebenswelt als die Generation Y. Wie wichtig ist aus Ihrer persönlichen Sicht das Thema Unternehmenskultur, was muss sich aus Ihrer Sicht ändern?
Kerstin Bund: Die Studie ist interessant und deckt sich mit anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Generation Y. In meinem Buch habe ich die Frage gestellt, wie eine Y-Wirtschaft beschaffen sein muss, damit sie den Bedürfnissen meiner Generation gerecht wird. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass es eine Arbeitswelt sein müsste, in der Frauen die gleichen Chancen haben wie Männer. Bislang ist die Arbeitswelt von wahrer Chancengleichheit noch weit entfernt. Frauen verdienen selbst bei gleicher Tätigkeit im Schnitt deutlich weniger als Männer und besetzen auch viel seltener Führungspositionen. Junge Eltern bräuchten sich nicht für Karriere oder Kinder entscheiden, beides wäre vereinbar. Niemand müsste schuldbewusst aus dem Büro, um sein Kind von der Kita abzuholen. Es wäre eine Arbeitswelt, die den Mensch in den Mittelpunkt stellt und anerkennt, dass er in unterschiedlichen Lebensphasen unterschiedliche Bedürfnisse hat. Sie ließe Auszeiten zu – um noch mal zu studieren, ein Buch zu schreiben, einen Angehörigen zu pflegen oder sich neu zu orientieren. Es wäre eine Arbeitswelt, in der es nicht auf die Stunden ankommt, die man im Büro verbringt, sondern darauf, welche Ergebnisse man liefert. Es wäre egal, wo und wann man die Arbeit erledigt, ob im Büro, im Café oder nachts zu Hause, Hauptsache, sie wird fertig. Es wäre eine Arbeitswelt, in welcher der Chef seinen Mitarbeitern vertraut und ihnen Verantwortung überträgt. Sie könnten eigenständig arbeiten und fühlten sich ermutigt, offen ihre Meinung zu äußern. In vielen Unternehmen ist eine solche Arbeitskultur noch ein hehrer Wunsch, aber in vielen Firmen setzt gerade ein Umdenken ein.

saatkorn.: Warum tun sich viele Unternehmen so schwer damit, stärker auf die Bedürfnisse der Generation Y einzugehen?
Kerstin Bund: Es ist wie mit allen gesellschaftlichen Veränderungen – sie benötigen Zeit. Bisher wurde in den Unternehmen Leistung mit Aufstieg belohnt. Wer gut war in seinem Job (oder es seinen Vorgesetzten glauben machte), bekam ein eigenes Team, später eine eigene Abteilung, bis er irgendwann in der Geschäftsleitung saß. Beförderung hieß mehr Verantwortung, mehr Macht, mehr Mitarbeiter. Erfolg wurde über die Zahl der Untergebenen definiert. Begleitet wurde das Ganze durch klassische ökonomische Anreize wie Gehalt, Boni oder Dienstwagen. Mit dem Alter stieg das Gehalt, wurden die Insignien der Macht größer: größerer Dienstwage, größeres Büro, mehr Titel auf der Visitenkarte. Größer war besser. Junge Leute wollen heute zwar Verantwortung übernehmen, aber nicht mehr unbedingt führen. Viele sind an der Sache interessiert, aber nicht so sehr an der Macht. Sie wollen sich weiterhin als Experten in eine Materie vertiefen können, statt als Manager nur noch in Meetings zu sitzen. Das verändert die Karrierewege in Unternehmen. Und einige Firmen reagieren darauf bereits. Der Versicherungskonzern Generali Deutschland oder der Automobilzulieferer Bosch etwa bieten neben der klassischen Führungskarriere auch gleichwertige Projekt- und Expertenlaufbahnen an – mit den gleichen Gehaltsstufen und der Möglichkeit, zwischen den Karrierewegen zu wechseln. Viele Unternehmen bieten außerdem flexible Arbeitszeiten, Teilzeitmodelle, Sabbaticals, Möglichkeiten zur Kinderbetreuung. Es tut sich also einiges, aber bis sich die Arbeitswelt tiefgreifend wandelt, ist es noch ein langer Weg.

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saatkorn.: Was sind Ihre Empfehlungen Richtung Unternehmen und Personalabteilungen im Kontext Generation Y?
Kerstin Bund: Ich empfehle ihnen, den jungen Leuten zuzuhören. Und Vorurteile, die bisweilen bestehen, zu hinterfragen. Wenn man nämlich genau hinhört, dann kommt das, was die Berufseinsteiger fordern, auch älteren Arbeitnehmern zu Gute. Auch die Älteren wollen heute anders arbeiten – selbstbestimmter, flexibler, eigenverantwortlicher. Genau wie die Jüngeren wünschen sie sich mehr Feedback und mehr Freiräume. Auch sie verlangen eine neue Berufswelt. Gemeinsam können wir eine bessere erschaffen.

saatkorn.: Letzte Frage: haben Sie sich bereits auch mit der Generation Z beschäftigt? 🙂
Kerstin Bund: Noch habe ich keine Kinder, aber ich möchte mich später einmal nicht zwischen Beruf und Familie entscheiden müssen. Viele unserer Mütter mussten noch zwischen Kinder und Karriere wählen. Meine Generation ist die erste, die auf breiter Basis beides verbinden kann. So gesehen, hoffe ich, dass wir ein Stück weit Pionierarbeit leisten für die Generationen, die nach uns kommen.

saatkorn.: Herzlichen Dank für das Interview!

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

3 Gedanken zu „Kerstin Bund und ihr Generation Y Buch „Glück schlägt Geld“

  • 22. Mai 2014 um 09:38
    Permalink

    Sehr differenzierte Darstellung. Die Unternehmen müssen aufpassen, die monetären Anreize und Hygiene-Faktoren nicht zu sehr zu verdrängen. Werte sind wichtig – aber nur wenn der Bauch voll ist.

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