Welche Rolle spielt Print noch für Personalmarketing und Recruiting?

 

Welche Rolle spielt Print noch für Personalmarketing und Recruiting?

Vor wenigen Tagen hatte ich das Vergnügen, für das Rubrikenforum der Zeitungs Marketing Gesellschaft (ZMG) einen Vortrag zum Thema Employer Branding zu halten. Vor mir stellte Markus Ruppe, Geschäftsführer der ZMG, einige interessante Charts zum Thema Print und Stellenmärkte vor. Interessant deshalb, weil Print natürlich immer noch eine Rolle spielt – vor allem für regional Arbeitssuchende. Aber auch Herr Ruppe konstatiert, dass gerade in den jüngeren Zielgruppen online eine gewaltige Rolle spielt. Markus Ruppe ist Diplom-Volkswirt und seit 1990 im Verlagsgeschäft. Er war knapp sieben Jahre beim Süddeutschen Verlag, zuletzt Gesamt-Anzeigenverkaufs/-marketingleiter der Süddeutschen Zeitung. Von 1998 bis 2001 war er Vertriebs- und Marketingleiter des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags, Flensburg. Seit September 2001 ist er Geschäftsführer der ZMG. Was lag also näher, als Herrn Ruppe um ein Interview für saatkorn. zu bitten…Auf geht’s:

saatkorn.: Herr Ruppe, erklären Sie den saatkorn. LeserInnen doch bitte kurz, wer sich hinter der ZMG verbirgt. 
Die Zeitungs Marketing Gesellschaft, kurz ZMG macht den Werbeträger Zeitung im Auftrag der Verlage transparent und einfach nutzbar. Sie bietet unter anderem über ihre Webseite www.DIE-ZEITUNGEN.de Forschung, Planungs- und Buchungsunterstützung sowie großen Zeitungskunden individuelle Beratung. Für den Stellenmarkt bietet sie zusätzlich eine komplette Linkliste zu allen Online-Zeitungsstellenmärkten.

saatkorn.: Was sagen aktuelle Studien darüber aus, wie Print-Stellenmärkte gegenüber Online-Stellenmärkten heute positioniert sind?
Die Zeitungen sind mit ihren gedruckten und digitalen Erscheinungsformen für die Stellesuchenden nach wie vor das am stärksten genutzte Informationsmedium. Dieses gelingt in der Tat dadurch dass die Auftritte der Online-Seiten der Zeitungen an Bedeutung gewinnen. Dem Inserenten bieten die Zeitungen den Vorteil, dass es für die meisten Stellensuchenden wichtig ist, in der Region zu bleiben. Die mangelnde Mobilität „gestandener Mitarbeiter“ ist ja immer wieder ein Punkt, der von den Unternehmungen beklagt wird. Hier wird Ihnen durch die gelebte Regionalität des Verbreitungsgebiets einer Zeitung die Suche erleichtert.

saatkorn.: Gibt es Unterschiede in den Altersgruppen?
Ja, den Berufseinsteigern sind die digitalen Medien oft vertrauter, zudem ist ihre Mobilität größer. Hier kommt es allerdings auch auf das persönliche Niveau, wie auch auf den Berufswunsch an, der angestrebt ist. Junge Leute suchen nicht nur auf den Online-Seiten der Zeitungen, sondern auch bei den reinen Internet-Jobbörsen und natürlich den Firmen-Homepages der bekannten großen Firmen.

saatkorn.: Und wie ist die Entwicklung, wenn man beispielsweise 2008 mit 2011 vergleicht?  
Die Bedeutung der digitalen Kanäle wächst in der Jobsuche, die sozialen Netzwerke werden zwar zu geringen Anteilen aber teilweise bereits auch für die Jobsuche genutzt. Die Bedeutung der Jobcenter hat durch die relativ gute wuirtschaftliche Lage, daß viele Mitarbeiter gesucht werden, wie auch durch die Aktivitäten der Zeitarbeitsfirmen etwas abgenommen.

saatkorn.: Sehen Sie für Print mittelfristig noch ein hohes Potenzial im Stellenmarktbereich? 
Natürlich. Es gibt Kommunikationsqualitäten, die kann ich optimal nur in Print vermitteln. Im Internet sucht man, in der Zeitung sieht man….  Wir steuern – durch die demografische Entwicklung, wie auch durch oft nicht rechtzeitige Nachwuchsförderung –  auf einen immensen Fachkräftemangel zu. Wenn ich als Fachkraft fest etabliert bin, muss ich mich nicht in Jobbörsen mit Millionen von inaktuellen und uninteressanten Jobs bewegen. Ich kann warten, bis mich jemand anruft oder ich mehr oder weniger zufällig über eine Stelle stolpere, vielleicht weil ein Freund mir etwas erzählt oder ich durch die Zeitung stöbere. Zudem gibt es kaum bessere Möglichkeiten für Employer Branding wie im Print. Hier können Firmen öffentlich Image aufbauen, nicht nur im Kreis der Stellensuchenden. Mit einer Print-Stellenanzeige interessieren die Unternehmungen neben erstklassigen Bewerbern aus ihrem Wettbewerbsumfeld  auch ihre eigenen Mitarbeiter, Kunden, Geschäftspartner und evtl.Gesellschafter. Eine Print-Anzeige ist ein ab absolutes Top-Kommunikationsmittel. Allein die Print-Stellenmärkte der Zeitungen, noch ohne die Online-Märkte, die z.T. noch separat gebucht werden können, haben in diesem Jahr um 18% zugelegt.

saatkorn.: Wie kann sich Print Ihrer Meinung nach zukünftig in welchen Zielgruppen als relevant positionieren?
Die Zeitungen dürften ruhig mehr Selbstbewusstsein entwickeln. Sie haben mit insgesamt über 72% der Bevölkerung über 14 Jahre sehr starke Printreichweiten – und was gerade im Bereich junger Leute wichtig ist, sie haben auch starke Online-Reichweiten. Die Zeitungen erreichen alleine mit ihren Online-Auftritten 57% der jungen Leute zwischen 14 und 29. Manche Zeitungshäuser nehmen das immer noch etwas verschämt wahr, geschweige denn, dass sie es qualitativ vermarkten würden. Dabei genießt die Zuverlässigkeit der Zeitungsinformation und deren Inserenten eine ausgesprochen hohe Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Man weiß um die Seriösität.

saatkorn.: Sehen Sie crossmediale Lösungsansätze, zum Beispiel im Kontext Social Media?
Social Media funktioniert für Zeitungen derzeit hervorragend, wie Suchmaschinen. Die Zahl der Zugriffe über diese Netzwerke steigt ständig.

saatkorn.: Welche Rolle spielt neben dem Thema Rekrutierung das Thema Arbeitgeber-Image in den Stellenmärkten?
Ich habe das Problem des Fachkäftemangels bereits angesprochen. Ein positives Arbeitgeberimage aufzubauen ist kein Thema für eine Nischenzielgruppe. Die guten Leute orientieren sich zu den Firmen hin über die gesprochen wird. Berichte über Firmen finden sich vor allem in den redaktionellen Teilen der Zeitung. Der Werbeträger Zeitung bietet diesen Firmen die Möglichkeit sich in diesem Umfeld als attraktiver Arbeitgeber darzustellen. Eine ideale Ergänzung.

saatkorn.: Herr Ruppe, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg bei der ZMG!

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

4 Gedanken zu „Welche Rolle spielt Print noch für Personalmarketing und Recruiting?

  • 10. Januar 2012 um 18:19
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    saatkorn.: Gibt es Unterschiede in den Altersgruppen?
    Aus meiner Erfahrung als Kommunikationstrainer mit u.a. Schülern der Jahrgänge 8 bis 13 kann ich Herrn Ruppe zustimmen, wenn er den Berufseinsteigern die Vertrautheit der digitalen Medien unterstellt. Allerdings ist diese Vertrautheit beschränkt, wenn es um die Ausbildungsplatzsuche geht. Ich stimme auch zu, dass das „persönliche Niveau“ ein sehr großer Faktor bei der effektiven Nutzung des Webs von Jugendlichen ist. Viele Schüler wissen nicht einmal wie sie mit berufenet.de richtig umgehen sollen. Die Komplexität von Informationen im Web lässt bei vielen Schülern wenig Raum zum Querdenken. Google is the students best friend! Blöd nur, wenn google keine nutzbaren Antworten über Ausbildungsberufe findet. Erfolg haben die Schüler, die wissen was sie wollen. Diese lernen, sich mit relevanten Seiten im Web auseinander zusetzen. Nach meinen Erfahrungen sind dies aber weniger die Online-Seiten der Zeitungen, sondern vielmehr die Firmen-Homepage und die Jobbörse (Jobbörse deshalb, weil u.a. die Berufsberater der Arbeitsagentur an den Schulen aktiv sind und darauf verweisen). Ob das Printgeschäft bei dieser Zielgruppe Zukunft hat, mag ich bezweifeln. Zudem erlebe ich, das Schüler heute keine Zeitung lesen bzw. die Eltern Zeitungen kaufen bzw. die Anzeigen für Ausbildungsplätze in den regionalen Medien bei Schülern ankommen, ohne das Lehrer diese mit in die Klassenräume nehmen.
    „Es ist aus meiner Sicht grundsätzlich eine Frage des persönlichen Niveaus; des persönlichen Anspruchs“!

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  • 14. Dezember 2011 um 16:13
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    Ich denke, mit in gedruckten Ausgaben erscheinenden Anzeigen erreicht man heute -und zunehmend mehr- vor allem eines: wenn auf eine bestimmte, eher konservative, eher gediegene, Person abhebt, dann findet man diese dadurch eher und vermeidet Bewerbungen von „Jobhoppern“ und „Yuppies“.

    Antwort
  • 14. Dezember 2011 um 09:37
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    Tja, Herr Ruppe hat Recht, finde ich. Tot geglaubte leben oft länger, als man denkt.

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