Tipps: Umgang mit kununu für HR Teams

Der Umgang mit kununu ist nach wie vor für viele HR Teams eine große Herausforderung. Sascha Theisen und Dr. Manfred Böcker von Employer Telling kennen sich mit dem Thema bestens aus. Ich hatte Gelegenheit, mit beiden zum Thema zu sprechen. Auf geht’s:

SAATKORN.: Manfred, Sascha, bitte stellt Euch doch den SAATKORN Leser:innen kurz vor…

Sascha: Ich bin Sascha Theisen und seit Jahren in der HR-Community unterwegs. In der Zeit, in der StepStone zur führenden Online-Jobbörse wurde, habe ich das Marketing dort verantwortet. Nachdem ich das sechs Jahre lang gemacht hatte, wurde es Zeit für die Selbstständigkeit, natürlich in der HR-Kommunikation. Mit Manfred arbeite ich im Rahmen von Employer Telling nun schon seit 2014 zusammen. Anfang 2020 haben wir uns zu einem gemeinsamen Unternehmen zusammengeschlossen.

Manfred: Gaaanz früher habe ich die Redaktion von e-fellows.net geleitet und mich dann 2004 als Kommunikationsberater für HR-Themen selbstständig gemacht. Nach 15 Jahren Solokarriere habe ich Sascha kennengelernt und mit ihm unser jetziges Unternehmen gegründet. Employer Telling ist eine Marke dieses Unternehmens. Wir nennen uns „Unternehmensberatung für Arbeitgeberattraktivität“. Dahinter steht die Idee, Arbeitgeberkommunikation aus PR-Perspektive und mit einem PR-Mindset zu optimieren – und auch vor den „harten Fakten“ nicht halt zu machen. Unternehmen können eben nicht alles mit Kommunikation lösen. Attraktivität ist keine Frage des Anstrichs, sondern der Substanz.

kununu: Kernthema von Employer Telling

SAATKORN.: Zu euren Leib- und Magenthemen gehört auch der Umgang mit kununu….

Sascha: Genau, 2017 haben wir in unserer Studienreihe „Club der Gleichen“ das Thema kununu analysiert. Der Titel der Studie lautetet damals: „Arbeitgeber im Kandidatendialog“. Dafür haben wir seinerzeit 1.300 Arbeitgeber-Antworten gewichtet und ausgewertet – und aus unseren Beobachtungen Richtlinien für eine gute Praxis in der Beantwortung von Feedback abgeleitet. Seit Ende 2017 haben wir dann angefangen, unternehmensindividuelle Workshops und Seminare zum Thema anzubieten. Nach drei Jahren Workshop-Erfahrungen sind nicht nur unsere Kunden schlauer geworden, sondern wir selbst auch.

SAATKORN.: Könnt ihr das noch einmal an einigen Beispielen erläutern?

Manfred: Unsere Kunden bringen natürlich ihre besonderen Herausforderungen in die Workshops mit ein, die wir gerne aufnehmen und wo es sinnvoll ist, ins Programm integrieren. Wir sind 2017 ursprünglich gestartet mit einem Paket zum Thema „Feedbackbeantwortung“. Das gehört immer noch zum Kern, wird aber mittlerweile ergänzt durch die Themen Feedbackanalyse und Benchmarking, Feedbackförderung – inklusive Tools, Umgang mit den kununu-Regeln und die Frage, wie man mehr aus seinem Unternehmensporträt bei kununu herausholt. Wir haben gelernt, dass Bewertungsplattformen eben mehrdimensionale Medien darstellen, bei denen eine einzige Maßnahme nicht reicht.

Umgang mit kununu: Tipps & Tricks

SAATKORN.: Könnt ihr für die saatkorn-Leser:innen ein bisschen aus dem Nähkästchen Plaudern und einige euer wichtigsten, konkreten Learnings verraten?

Sascha: Zu Anfang haben wir geglaubt, dass ungefähr die Hälfte der Bewerber kununu aufsucht, um sich dort ein alternatives Bild von Arbeitgebern zu machen. Heute wissen wir: Bewerber:innen suchen kununu zwar auf. Viel häufiger aber kommen die Bewertungen in verschiedenen Phasen der Candidate Journey zu ihnen – etwa durch Treffer in „Google for Jobs“ oder durch organische Treffer in der Ergebnisliste einer Suche. Google liebt Bewertungscontent. Bewertungen dominieren daher die Trefferlisten – auch zu Arbeitgeberthemen. Aus dem E-Commerce wissen wir: Wer die Aufmerksamkeit seiner Kunden gewinnen und in ihrem Blickfeld stattfinden möchte, muss sich ums Thema Trust und Bewertungen kümmern. Und genau das gilt auch fürs E-Recruiting. Immer mehr Unternehmen bekommen daher Zweifel an der Einkanal-Kommunikation und dem eindimensionalen Aussenden von Botschaften: Employer Brands entstehen nicht mehr in Kampagnen, sondern im Umgang mit Bewertungen.

Manfred: Interessanterweise kommt diese Erkenntnis auch mehr und mehr bei kleineren Unternehmen an. Unsere ersten kununu-Kunden waren Großunternehmen mit einer meist deutlich fünfstelligen Mitarbeiterzahl, mittlerweile befinden sich auch Arbeitgeber mit 20 Mitarbeiter:innen darunter. Meist wachsen diese Unternehmen stark und sind auf einen kontinuierlichen Zustrom an Talenten und eine gute Online-Reputation besonders angewiesen.

kununu = Krawallplattform?

SAATKORN.: kununu hat ja in der HR-Community immer noch das Image einer „Krawallplattform“. Inwieweit ist das eurem Eindruck nach berechtigt?

Sascha: Wenn ein kleiner Arbeitgeber drei Mal bewertet wurde und die drei Bewertungen sind negativ, entsteht in der Geschäftsführung ein solcher Eindruck. Das Problem liegt dann aber meist in der geringen Anzahl der Bewertungen und der mangelnden Aktivierung von Mitarbeitern und Bewerbern, nicht im Charakter der Plattform. Interessant in diesem Kontext ist: Die am häufigsten vergebene Note auf kununu ist eine 4 (von 5 Sternen). Der Durchschnittsscore liegt bei 3,4 – in einigen Branchen ist er deutlich höher. Das mit der „Krawallplattform“ kann also nicht so ganz stimmen.

Manfred: Wir kannten einige unserer kununu Workshop-Kunden vorher aus EVP-Projekten mit ihnen, für die wir sehr viele Mitarbeiter:innen interviewt hatten. So hatten wir einen unmittelbaren Eindruck der Innensicht und konnten feststellen: Die auf kununu geäußerte Kritik ist meist nicht aus der Luft gegriffen. Im Hinblick auf Kunden, die wir erst beim Workshop näher kennen gelernt haben: Ich erinnere mich an einen unserer ersten Workshops mit einem großen Handelsunternehmen, da gab es zahlreiche kritische Azubi-Stimmen auf kununu, die sich über unfreundliche Ausbilder in den Filialen beklagten.

Zunächst blockten die HR-Verantwortlichen bei dem Thema und hielten das für eine „Kampagne einiger unzufriedener Azubis“. Nach näherer Diskussion wurde aber deutlich, dass die (älteren) Ausbilder:innen aufgrund ihrer eigenen Ausbildungserfahrungen ein ganz anderes Verhalten von „ihren Azubis“ erwarteten. Die eine Seite rechnet in den Filialen mit demütigen „Stiften“ und trifft auf eine selbstbewusste Generation von Azubis, die ihren Marktwert kennt. Da knallt es eben. Ein schönes Thema für die Kultur- und Organisationsentwicklung…

Empfehlungen für den Umgang mit kununu

SAATKORN.: Wie aber sollten HR-Verantwortliche auf kununu reagieren?

Manfred: Indem sie beginnen, Bewertungen nicht als Ärgernis, sondern als Tool fürs Recruiting und Employer Branding zu betrachten und aktiv werden. Das bedeutet eine Menge Arbeit: den Umgang in einer Guideline definieren, ein gezieltes Vorgehen intern abstimmen und dann: Feedback regelmäßig analysieren, sich gegen arbeitgeberseitige Wettbewerber benchmarken (Benchmarking ist ein riesiges Plus bei dem Thema und im Employer Branding ansonsten extrem schwierig), Feedback bei Mitarbeitern und Bewerbern fördern, insbesondere ausführliche kritische Bewertungen beantworten und das Profil pflegen…Es gibt im Umgang mit kununu kein Zaubersalz, sondern nur harte Arbeit.

Sascha: Auch wenn es mittlerweile viele Anbieter gibt, die Zaubersalz versprechen und mit dem Leistungsversprechen antreten, jede „ungerechtfertigte“ (=negative) Bewertung aus der Welt zu schaffen. Nicht umsonst werden für das Keyword „kununu eintrag löschen“ bei Google aktuell pro Klick schon einmal fünf Euro und mehr gezahlt. Arbeitgeber, die darauf eingehen und ein solches Vorgehen zum Standardumgang mit dem Bewertungsphänomen machen, dürfen nach unserer Erfahrung auf viel zusätzliche Resonanz auf den Bewertungsplattformen hoffen.

Das sieht dann zum Beispiel auf der kununu-Bewertungsseite eines Unternehmens so aus: „Der Versuch negative Bewertungen bei kununu zu löschen zeugt von einer Kultur der Verleumdung. Von insgesamt 151 Bewertungen mit einem miserablen Score von 2,6 sind es nun nur noch 55 Bewertungen mit einem Score von 3,8. Wie armselig!“ Wer einen solchen Eintrag auf seiner kununu-Seite findet, hat Einiges falsch gemacht.

Im November bietet Employer Telling eine zweiteilige virtuelle Seminar-Reihe zum Umgang mit kununu.

SAATKORN: Dann viel Erfolg mit der Seminar-Reihe zum Umgang mit kununu. Und Danke für das Gespräch!

Wenn dieses Thema für Dich spannend war, empfehle ich Dir noch den aktuellen SAATKORN Podcast mit Chesran Glidden von kununu:

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

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