Employer Branding und Personalmarketing bei McKinsey: Interview mit Dr. Thomas Fritz

Employer Branding und Personalmarketing bei McKinsey

Seit Jahren gehören die Unternehmensberatungen zu den attraktivsten Arbeitgebern. Kein Wunder, ist der Einstieg bei einer der beiden „großen“ Strategieberatungen McKinsey oder Boston Consulting Group schon oft ein Start in so manche „große“ Karriere gewesen. McKinsey hat nun seit einiger Zeit einen wie ich finde sehr gelungenen Film auf YouTube. Das habe ich zum Anlass genommen, Dr. Thomas Fritz, Director of Recruiting bei McKinsey mal näher auf den Zahn zu fühlen. Der 37 jährige hat BWL in Bonn, Köln und an der Stockholm School of Economics studiert und anschließend in Witten/Herdecke promoviert. Der begeisterte Ausdauersportler lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kinden in Köln. Auf geht’s: 

saatkorn.: Muss ein Unternehmen wie McKinsey überhaupt noch Employer Branding betreiben? Welchen Stellenwert hat das Thema Employer Branding für McKinsey heute und in 3 Jahren?
Unser Erfolg ist zentral davon abhängig, die richtigen Menschen für einen Einstieg bei McKinsey zu begeistern. Die wichtigsten Eigenschaften sind dabei ein starker Gestaltungswille und die Freude an der Teamarbeit genauso wie herausragende analytische Fähigkeiten. Solche Leute sind beileibe nicht einfach zu finden. Entsprechend spielt Employer Branding für McKinsey eine ganz entscheidende Rolle. Zum einen wollen wir diejenigen, die einen Einstieg ins Consulting bereits in Erwägung ziehen, von McKinsey als erste Wahl überzeugen. Und zum anderen geht es uns um interessante Bewerber, die das Beratungsumfeld noch gar nicht für sich im Blick haben – zum Beispiel Ingenieure, Mathematiker, Geisteswissenschaftler. Ihnen gilt es die spannenden Möglichkeiten bei McKinsey nahezubringen. Dazu muss man wissen, dass gerade einmal 50 Prozent unserer Berater einen wirtschafts­wissen­schaft­lichen Hintergrund haben.

saatkorn.: Was ist die McKinsey Employer Value Proposition?
Das Versprechen, das wir im Employer Branding abgeben, haben wir unter dem Claim “Building Global Leaders“ zusammengefasst. Wir verstehen das so: McKinsey bietet einzigartige Lernkurven, ein globales Umfeld und die Arbeit mit führenden Klienten und Themen. Jeder Berater wird durch erfahrene Kollegen in seiner persönlichen Entwicklung gefördert und entsprechend seiner Interessen und Leidenschaften eingesetzt. Durch flexible Modelle wie Personal Time schaffen wir zudem auch Raum für die persönliche Entwicklung, die über das rein Berufliche hinausgeht. Dass wir zu unserem Versprechen stehen können, zeigt nicht zuletzt unser Alumni-Netzwerk, dem weltweit Führungspersönlichkeiten aus allen Bereichen angehören.

saatkorn.: Welche Personalmarketingaktivitäten nutzt McKinsey in Deutschland? Welche Rolle spielt Social Media?
Wir bedienen die gesamte Bandbreite des Personalmarketings – von lokalen Informationsveranstaltungen an Universitäten über mehrtägige, deutschlandweit beworbene Events bis zur klassischen Online- und Printwerbung. In der Kommunikation mit unserer Zielgruppe spielen selbstverständlich auch Social Media eine wichtige Rolle. Auf der Karriereplattform e-fellows.net sind wir schon seit mehreren Jahren sehr aktiv und im Herbst ging auch – endlich – unsere eigene deutsche Facebook-Seite an den Start. Die Aktivitäten des deutschen McKinsey-Büros sind aber bei weitem nicht auf Deutschland beschränkt. Ein wachsender Teil unserer Neueinstellungen kommt aus dem Ausland. Seit der Bologna-Reform finden wir deutsche Top-Talente nicht mehr nur vorwiegend in den USA und Großbritannien, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern.

saatkorn.: Das Medium „Film“ wird immer wichtiger. Gerade in letzter Zeit gab es auch viele verunglückte Filme. Ihr Spot „The first mark“ hebt sich wohltuend von den ganzen Tanz- und Singfilmchen der letzten Zeit ab. Was waren die zentralen Gedanken hinter dem Film?
Unser Film verzichtet auf  Fakten und Testimonials und spricht stattdessen ein zentrales Kriterium bei der Arbeitgeberwahl an: das Bauchgefühl. Dafür nutzen wir die Analogie des ersten Pinselstrichs in der Kunst und die passt für mich ausgesprochen gut: Der Moment der Entscheidung für den ersten Job ist für jeden Einzelnen eine wichtige Weichenstellung.

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Er beeinflusst und prägt das weitere Berufsleben und die persönliche Entwicklung. Doch trotz aller tollen Argumente, die wir unseren Bewerbern bieten – und das tun wir selbstverständlich auch weiterhin:  Am Ende entscheidet für viele doch das Bauchgefühl und die ganz persönliche Einschätzung. Hiervon handelt der Film. Wir suchen souveräne und mündige Berater, die sich nicht einfach nur „überreden“ lassen. Daher sagen wir den Leuten: Triff Du diese Entscheidung ganz bewusst, lass alle Argumente sacken und entscheide, was für Dich persönlich der beste Weg ist. Dieses emotionale Element wollen wir noch stärker betonen. Die ursprüngliche, deutsche Version des Films ist übrigens auf unserer Karriereseite zu finden.

saatkorn.: Mit Sicherheit analysiert McKinsey ganz genau den Erfolg verschiedener Personalmarketingkanäle und -aktivitäten. Bei einem Film lässt sich der daraus direkt oder indirekt entstehende Recruitingerfolg aber nur schlecht messen. Gibt es irgendwelche Kriterien, auf Basis derer sich die Kosten für einen solchen Film rechtfertigen lassen?
Das Medium Film eröffnet ganz eigene Möglichkeiten. Es bereichert unser Personalmarketing um eine neue, emotionale Facette. Aber ich betone auch immer wieder, dass wir den Film nie ohne Kontext zeigen. Die Zahlen, Daten, Fakten, die McKinsey einzigartig machen, sind weiterhin der Kern unserer Kommunikation. Und auch wenn sich der Nutzen des Films nicht direkt messen lässt, befragen wir regelmäßig unsere Bewerber nach Feedback zu unseren Maßnahmen. Der Film schneidet dabei sehr gut ab.

saatkorn.: Was sind aus Ihrer Sicht kurz- und mittelfristig die wichtigsten Trends im Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting?
Für mich sind das ganz klar Individualisierung und Direktheit. Beide Trends hängen sehr eng mit Social Media als neuer Kommunikations-Realität zusammen. Die aktuelle Generation der Absolventen und jungen Berufstätigen will sehr genau verstehen, was ein Arbeitgeber spezifisch für sie zu bieten hat und wie dieses Angebot zu ihren individuellen Zielen passt. Gleichzeitig sind sie es gewohnt, Antworten direkt, schnell und ungefiltert zu bekommen. Entsprechend erwarten sie auch mehr als standardisierte und durchprofessionalisierte Unternehmenskommunikation. Der Umgang mit diesen Trends ist eine große Herausforderung. Denn die Antwort ist eben nicht, sein Unternehmen am eigenen Markenkern vorbei einfach nur bunt, schnell und jung zu präsentieren. Vielmehr geht es darum, ein glaubhaftes Versprechen zu vermitteln, das die Zielgruppe anspricht und zur Identität des Unternehmens passt. Dabei können Social Media eine Rolle spielen, sie werden aber nie den persönlichen Kontakt ersetzen. Nur wer persönlich und glaubhaft wahrnimmt, worauf er sich bei einem Arbeitgeber einlässt, wird den ersten Pinselstrich an der für ihn richtigen Stelle machen.

saatkorn.: Herr Dr. Fritz, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg mit und bei McKinsey!

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

5 Gedanken zu „Employer Branding und Personalmarketing bei McKinsey: Interview mit Dr. Thomas Fritz

  • 24. Januar 2013 um 08:52
    Permalink

    Ja, die Passgenauigkeit zwischen Unternehmen und Mitarbeiter wird immer entscheidender in einer rasend schnellen Zeit, in der man sich immer weniger Ressourcen Verschwendung erlauben kann – und auch gerade Frust, Unter- und Überforderung gehören dazu! Es ist eine folgenschwere Entscheidung für beide Seiten, sich beruflich zu „verheiraten“ – wir müssen lernen, dem Zusammenkommen den gleichen Respekt entgegenzubringen wie im privaten Bereich. Liebe was Du tust und tu, was Du liebst.

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