Fünf Gedanken zum Produkt Arbeit

5 Gedanken zum Produkt Arbeit. Oder warum Employer Branding gesellschaftlich notwendig ist.  – Ja nee, is klar, jetzt sind mit dem saatkorn. vollends die Pferde durchgegangen!“ – wird sich so manche/r saatkorn. LeserIn jetzt denken. Aber immer langsam, vielleicht macht die Aussage ja irgendwie doch Sinn, denn in einer anregenden Unterhaltung mit dem geschätzten embrace-Kollegen Stefan Wagner ist diese provokante These entstanden. Und vor dem Hintergrund aktueller Geschehnisse in der Flugbranche, Stichwort TUIfly,  machen die folgenden 5 Gedanken zum Produkt Arbeit ja vielleicht schon Sinn – auch wenn ich das aktuelle Vorgehen der betroffenen Airline MitarbeiterInnen für mindestens fragwürdig halte und diese fünf Gedanken natürlich sehr abstrahiert sind…

1. Was ist überhaupt Employer Branding ? – Employer Branding Definition
Employer Branding Definitionen gibt es viele, ich halte mich mal hier an die von QUEB: „Employer Branding hat zum Ziel, in den Wahrnehmungen zu einem Arbeitgeber eine unterscheidbare, authentische, glaubwürdige, konsistente und attraktive Arbeitgebermarke auszubilden, die positiv auf die Unternehmensmarke einzahlt.“

2. Warum macht man Employer Branding?
Letzten Endes geht es darum, bei unternehmensinternen und -externen Zielgruppen zu punkten. Beschreibt Employer Branding noch die strategische Ebene, wird es in der Operationalisierung, nämlich im Personalmarketing, ganz konkret. Personalmarketinginstrumente (Karriere-Website, Events, Filme, Social Media Plattformen, Broschüren usw usf) kosten Geld. Und worein wird dieses Geld investiert? – Vornehmlich in Retention (intern) und Recruiting (extern).  – Ist ja logisch, wird jetzt fast jeder denken, der saatkorn. regelmäßig liest. Ist aber noch nicht bei allen CEOs oder CFOs angekommen. Denn jahrelang musste man da eigentlich nicht so viel machen. Der Arbeitsmarkt war halt ein Verkäufermarkt. Die Unternehmen hatten die Jobs und BewerberInnen gab es im Übermaß. Gut für die Unternehmen, schlecht für die Bewerber.

3. Und warum ist das jetzt auf einmal für Unternehmen so wichtig und wird immer wichtiger?
Wegen der demografischen Entwicklung. Die macht nämlich aus dem Verkäufermarkt einen Käufermarkt. Kurz gesagt: die Marktmacht wechselt von den Unternehmen zu den Bewerbern.
Und: die Digitalisierung sorgt mit der einhergehenden Transparenz dafür, dass die Employer Brand immer wichtiger wird. Employer Brand im oben definierten Sinne.

4. Ist das nicht dieselbe Situation wie im Produktmarketing?
Da kommern wir so langsam hin. Sicher, es gibt einige Unterschiede zwischen Personal- und Produktmarketing. Aber nehmen wir mal den Automarkt: Produkte gibt es en masse, eigentlich viel zu viele für die Käufer. Wie kann ich als Autohersteller also überleben? – Richtig, mit der entsprechenden Branding-Strategie. Ob das Technologiefokus (Audi), Begeisterung fürs Fahren an sich (BMW) oder Sicherheit (Volvo) ist: entscheidend sind die mir zugeschriebenen, möglichst unterscheidbaren, authentischen, glaubwürdigen, konsistenten und attraktiven Attribute. Bitte mal mit der Definition für Employer Branding oben vergleichen.

5. Und warum soll das gesellschaftlich notwendig sein?
Nehmen wir weiterhin an, mein Produkt ist ein Auto. Und meine Brand steht für Sicherheit. Und meine Autos erfüllen diesen Sicherheitsanspruch nicht. Was passiert dann? – Mit einer mehr oder weniger schnellen zeitlichen Verzögerung merke ich empfindlich an meinen Absatzzahlen, dass ich keine Autos mehr verkaufe. Und langfristig werde ich merken, dass es ganz schön teuer wird, meine alte Sicherheits-Brand wieder authentisch und glaubwürdig aufzubauen. Denn dafür muss ich mein Produkt, also meine Autos wieder sicherer machen. Und das glaubwürdig und an alle relevanten Zielgruppen adressiert aktiv kommunizieren – im Produktmarketing. Ähnliches dürfte dem oben genannten Unternehmen auch bevorstehen…

Was sagt uns das im Kontext von Employer Branding und dem Produkt Arbeit?
Richtig: wenn das Produkt Arbeit (=Bezahlung, Status, Sicherheit…) nicht mehr passt, dann muss ich vielleicht auch mal ins Produkt investieren. Sonst mache ich nämlich kein ernsthaftes Employer Branding, sondern präsentiere lediglich bunte Bildchen. Das hat früher, in einem Verkäufermarkt gereicht. Heute befinden wir uns aber auf einem Pfad in eine ganz andere Richtung. Und oftmals wäre es wirklich gut, erstmal in Substanz in der Organisation zu investieren und danach erst die Werbetrommel zu rühren. Oder? – Bin auf die Meinung der saatkorn. Leserschaft zu diesen Gedanken rund um das Produkt Arbeit gespannt…

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

3 Gedanken zu „Fünf Gedanken zum Produkt Arbeit

  • 3. April 2017 um 07:22
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    Bewerber werden demnächst, oder sind es schon, kritischer bei der Auswahl ihres Arbeitgebers sein. Ja, auch meine Erfahrung! Ein gutes Produkt zu haben, ist eine Seite der Medaille. Damit wollen sich Mitarbeiter heute identifizieren können, weil Arbeit einen wichtigen Teil der Identität ausmacht. Ein Job ’nine to five‘, ohne sich für das Produkt begeistern zu können, ist nicht mehr erstrebenswert. Und – Arbeit wird immer stärker mit der Möglichkeit der Selbstentfaltung verknüpft. Daher dürfte auch die Art der Arbeit in den Unternehmen entscheidender werden: Arbeiten wir immer noch in Hierarchien, in abgegrenzten Abteilungen? Habe ich Chefs, die mir vertrauen oder mir immer wieder in meine Arbeit rein grätschen? Kann ich mein Potential voll entfalten, oder werde ich auch hier klein gehalten? Ich denke wir stehen gerade an der Schwelle, oder sind schon in einer Übergangszeit allergrößter Veränderungen in der Arbeitswelt. Das ist kein Change oder eine kleine Transformation mehr, sondern eine Revolution, die da gerade stattfindet. Nicht nur interne Strukturen oder Prozesse betreffend. Nein auch unser althergebrachtes Denken wird auf den Prüfstand gestellt. Neue agile, dynamische Welt braucht agiles, dynamisches Denken! Eine agile Unternehmenskultur, die Mitarbeiter ernst nimmt mit ihren Bedürfnissen. Dann kommt die Attraktivität intern und extern von alleine. Meine Erfahrung der letzten Jahre ist, dass viele Unternehmen immer schon schöne Hochglanzbroschüren geliefert haben. Aber das ist eher eine Aussage darüber, wie ein Unternehmen gesehen werden will und nicht wie es tätsächlich ist. Die letzte Gallup Studie deutet ja auf eine andere Realität in vielen deutschen Unternehmen hin. Im Bereich Unternehmenskultur – New Work und Führung 4.0 gibt es also noch jede Menge zu tun.

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  • 3. November 2016 um 16:36
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    „Great advertising won’t save a bad product.“ Gary Vaynerchuck sieht das so, du und ich anscheinend auch Gero.
    Arbeitgebermarke und Produktmarke sind miteinander verbunden. Fälle wie die TUIfly sind natürlich speziell, aber Tuifly könnte wie ein Phönix aus der Asche steigen.
    Denn grundsätzlich haben wir im Employer Branding besonders effektive Waffen. Unsere Waffe ist die Menschlichkeit. Wir können (und müssen) noch echter, noch menschlicher und noch nahbarer kommunizieren. Das tolle ist doch: Die Geschichten die wir erzählen, dürfen nicht so weit von der Wahrheit entfernt sein, wie beim Produktmarketing – weil es bei um echte(!) Menschen geht.
    Wir dürfen also menschlich sein. Nicht-perfekt-sein ist menschlich, Herausforderungen gemeinsam meistern ist menschlich und bei den meisten Menschen wird Ehrlichkeit hoch angerechnet. Klar, bei TUIfly muss sich aus PE-Sicht einiges tun, aber wenn der PE-Plan steht hat PM die Chance aus der Not eine Tugend zu machen und die Arbeitgebermarke plus Produktmarke positiv aufzuladen. Das ist auch unser Anspruch bei jeder Produktion.

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  • 18. Oktober 2016 um 11:58
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    Guter Punkt. Denn er verweist auf einen Irrtum, dem das Personalmarketing noch immer aufliegt. Dass man Marketing auf die Anwerbung neuer Mitarbeiter übertragen kann. Wer das wirklich will, kommt an der PRoduktentwicklung nicht vorbei. Dennoch tun es die meisten und schielen auf externe Sichtbarkeit. Genau dazu habe ich mir gestern auch Gedanken gemacht und diese heute veröffentlicht (https://redeundantwort.com/2016/10/18/marketingwunsch-und-produktwirklichkeit/). Ich war so frei, auf deinen Beitrag zu verweisen 😉

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