rückblick zur „brand inside 2010“: „bin ich otto“ oder vielleicht doch eher mitglied im „fc deutsche post“? –

rückblick zur „brand inside 2010“

die brand inside hätte ich sehr gern selbst besucht. ging aber leider terminlich nicht. um so schöner, dass meine geschätzte kollegin judith charles dort war und sich bereit erklärt hat, für saatkorn. einen gastbeitrag zu dieser veranstaltung zu schreiben.

judith studierte medienwirtschaft an der fachhochschule des mittelstands mit dem schwerpunkt konzeption und projektmanagement. nach dem studium arbeitet sie 3 jahre als projektmanagerin in der bertelsmann stiftung. im bereich unternehmenskultur baute sie die „business summer school“ auf, ein programm für führungskräfte deutscher unternehmen. danach sammelte sie in der bertelsmann ag erfahrungen im rahmen des hochschulmarketings, um ein jahr später mit dem start der personalmarketing-initiative „create your own career“ das employer branding bei bertelsmann zu betreuen. im bereich human resources ist sie nun verantwortlich für imageevents, hr kommunikation, social media und das hochschulmarketing.

los geht’s:

„die kraft der marke kommt von innen“ – unter diesem motto trafen sich am 25. und 26.mai vertreter aus marketing, personal und kommunikation in berlin. In der berlin-brandenburgischen akademie der wissenschaften am gendarmenmarkt begrüßten uns am dienstag morgen die veranstalter christina grubendorfer, geschäftsführerin der lea leadership association und sven nagel, geschäftsführer von swop.medien und konferenzen.

Die konferenz wurde damit eröffnet, dass alle teilnehmer aufstehen sollten. „oh nein – bitte nicht schon wieder ein albernes kennenlern-spiel“ schoss mir zunächst durch den kopf. Aber die kurze aufstellung war sehr unterhaltsam und gab einen interessanten einblick in die gruppe der teilnehmer. Zunächst wurden wir gebeten, uns im raum nach geografischer herkunft zu verteilen. Wenig überraschend, dass sich im osten eine große traube versammelte. Es waren also zahlreiche berliner unter uns. Danach wurden wir gebeten, uns nach unserer fachlichen herkunft aufzustellen, in die eine ecke des raumes alle personaler, in die andere die leute aus marketing und kommunikation, in die nächste sonstige und zu letzt alle, die „einfach nur chef sind“. Ich war positiv überrascht, dass so viele vertreter aus den bereichen marketing und kommunikation dabei waren. Dies versprach einige interessante gespräche und endlich mal einen regen interdisziplinären austausch, zumal in der letzten aufstelung deutlich wurde, dass neben einigen sehr erfahrenen mit dem aufbau einer internen marke auch viele dabei waren, die keine erfahrungen in diesem thema mitbrachten.

nach einem ersten kurzen theoretischen impuls von christina grubendorfer, in dem im kern verdeutlicht wurde, dass markenentwicklung = organisationsentwicklung ist und dass man somit nie fertig ist mit der entwicklung einer marke, startete sirka laudon, leiterin personalentwicklung und personalmarketing bei otto mit einem feuerwerk der internen markenbildung. in einem kurzweiligen vortrag mit dem titel „aus heiligen kühen macht man die leckersten steaks“ beschrieb sirka laudon wie bei otto aus dem slogan „otto find ich gut“ die interne markenwirkung neu überdacht und der solgan „ich bin otto“ entwickelt wurde. ein jahr lang wurden verschiedenste maßnahmen durchgeführt, die den otto mitarbeitern neuen stolz auf ihr unternehmen verleihen und ein bewusstsein für fashion und lifestyle vermitteln sollte. dass dies gelungen ist, veranschaulichten zahlreiche fotos und berichte von begeisterten mitarbeitern. besonders beeindruckt hat mich die einbindung der vorstände und führungskräfte, die sich bei den meisten aktionen aktiv und kreativ gefordert wurden. sie verteilten berliner als dankeschön an alle mitarbeiter oder präsente für ausgewählte „otto-nachvornbringer“ und engagierten sich auch konzeptionell bei manchen maßnahmen. ein weiterer wichtiger erfolgsfaktor dieses projekts war, dass frau sirka mit ihrem team, dass sie aus verschiedensten abteilungen zusammenstellte, bei vielen aktionen auf den „zuckerwattefaktor“ vertraute: mach´s dir einfach – cheap und chick – mit dingen, die eine hohe begehrlichkeit ausstrahlen. der am ende zitierte patriarch werner otto wird wohl sehr zufrieden sein mit den nachhaltigen erfolgen dieses projektes: „ein unternehmen ist eine gemeinschaft. das darf nicht verloren gehen!“

meine sorge, dass es der nächste referent, der innengerichtetes markenmanagement aus der wissenschaftlichen perspektive beleuchten wollte nach diesem lebendigen vortrag schwer haben würde, war unberechtigt. prof. dr. christoph burmann, inhaber des stiftungslehrstuhls für innovatives markenmanagement an der uni bremen unterstrich, dass die einbindung der internen zielgruppe, wie wir es zuvor bei otto gesehen hatten, essentiell ist für die positive beeinflussung des markenimage. außerdem müsse das markenbild mit der strategischen unternehmensausrichtung konform gehen. laut studien gibt es momentan noch kaum professionelle konzepte in den unternehmen, da noch häufig die überzeugung vorherrscht, marken seien allein durch klassische werbung zu etablieren. die wirkung von klassischer werbung stellt prof. burmann im kontext mit unternehmens- und arbeitgebermarkenbildung gänzlich in frage. außerdem fehle, so prof. burmann eine funtionsübergreifende kooperation. da machen wir mit dieser konferenz ja einen ersten schritt in die richtige richtung! zum schluss fordert er auf, eine klare markenidentität und positionierung zu schaffen und die mitarbeiter interaktiv einzubinden, um eine marke erfolgreich und nachhaltig zu etablieren.

nun waren wir gefordert: tablesessions! an neun runden tischen saß je ein referent, der nach einem kurzen impulsvortrag mit fünf bis zehn gästen diskutieren sollte. eine bunte mischung an themen – von praxisbeispielen, über theoretische ansätze bis zur vorstellung von tools -machte die auswahl schwer. ich entscheide mich in der ersten runde für den tisch von reiner kriegler, geschäftsführerder deutschen employer branding akademie. die teilnehmer dieser tablesession sind sich einig: arbeitgebermarke und unternehmensmarke müssen stark verknüpft sein, die produktmarke jedoch ist komplett eigenständig zu sehen. schade nur, dass bewerber diese unterscheidung oft nicht machen und in arbeitgeberrankings augenscheinlich stark nach attraktivität der produkte bewerten. am beispiel der techniker krankenkasse wird deutlich, wie wichtig die einbeziehung der mitarbeiter bei der markendefinition ist, z.B. durch interviews mit fokusgruppen.

in den späteren tablesessions sowie in den pausen-gesprächen beschäftigen mich vor allem folgende punkte:

bereits vor der etablierung einer marke am externen markt sollen führungskräfte als markenbotschafter ausgebildet werden

  • welche bereits vorhandenen entwicklungsprogramme eignen sich, um das markenverständnis in der führung zu schärfen?
  • sind nicht die mitarbeiter der unteren ebenen oft die treueren und damit auch bessere markenbotschafter?

wie sehr hängen unternehmenskultur und marke von einzelpersonen ab?

  • gerade in kleinen gründergeführten unternehmen sind die marken oft so sehr mit de starken persönlichkeiten an der spitze verknüpft, dass eine nachhaltige integration in das unternehmen schwer ist
  • bei aller stärke, die dies für die marke mitbringt birgt es auch einige risiken. um dem entgegenzuwirken wird empfohlen, bereits sehr früh mitarbeiter einzustellen, die die werte des gründers mittragen und auch zukünftig als treiber der marke angesehen werden

ich frage mich, warum so viele unternehmen nach wie vor eine fehlende kooperation zwischen marketing, kommunikation und personal beklagen, während sich alle einig sind, dass dies ein entscheidender erfolgsfaktor ist. wie lange dauert es, bis offensichtlich vorhandene gräben überwunden worden sind?

am nachmittag des ersten tages erwartet uns ein „experten duell“. obwohl moderator axel gloger, chefredakteur des trendletters, bemüht ist, eine kontroverse diskussion zu entfachen, sind sich die beiden experten jörg elfmann, managing director bei grey, und dr. holger schmidt, geschäftsführer der tnt akademie weitestgehend einig:

  • marken entstehen in den köpfen der verbraucher. unternehmen müssen diese dann aufgreifen, in ihre maßnahmen integrieren und an den verbraucher zurückspielen
  • außerdem braucht internes markenmanagement unterstützung durch incentives
  • und veränderungsenergie, die per se in unternehmen vorhanden ist, sollte als verbündeter angesehen und genutzt werden

meine überraschung des tages ist, dass die deutsche post einen fanclub hat – den „fc deutsche post“.  axel breme, leiter markenmanagement erläutert uns den wandel der deutschen post von einer behörde hin zu einem modernen dienstleister. um die mitarbeiter, die als höchstes gut des unternehmens angesehen werden, zu motivieren und ihnen ein „wir gefühl“ zu vermitteln, wird der „fc“ gegründet. Der club unterstützt zahlreiche bereits vorhandene sportveranstaltungen und –initiativen durch die bereitstellung von kleidung und die organisation von rahmenprogramm. außerdem gibt es ein mal im jahr ein großes sportfest, bei dem verschiedene disziplinen in einem wettkampf ausgetragen werden. der fanclub stellt alle gängigen fanartikel wie schals, trikots, caps usw mit dem eigenen clublogo zur verfügung. in einem video zeigt axel breme, dass die mitarbeiter begeistert sind. die nachhaltigkeit dieser maßnahme ist für herrn breme allein dadurch gesichert, dass der fanclub innerhalb eines jahres zu einer nicht mehr wegzudenkenden institution geworden ist. erste erfolge werden am gestärkten zusammenhalt der mitarbeiter, mehr engagement und an einer höheren identifikation mit dem unternehmen festgemacht. ein mitarbeiter bringt die wirkung des fanclubs in einem einfachen satz auf den punkt: „wir sind auf ein mal wichtig“.

ein weiterer vortrag von jens monsees, industry head konsumgüter bei google rundet die reihe der praxisvorträge ab. jens monsees berichtet über die bedeutung jedes einzelnen mitarbeiters bei der markenbildung. anders als in einigen tablesessions diskutiert, ist er nicht der meinung, dass allein die führung diese verantwortung inne hat. jens monsees ruft auf, mutig, neugierig, offen und authentisch zu sein. dann könne eine marke erfolgreich gebildet werden.

die veranstaltung endet mit einem urnengang: wir werden gebeten, eine kugel in die urne zu werfen, deren aussage wir zustimmen:

  1. diese konferenz hätte ich mir sparen können
  2. ich wünsche mir, dass eine „brand inside 2011“ stattfinden wird
  3. ich bin ein brandinside fan

meine kugel landet in urne nummer 2! vielen dank an dieser stell an die verantwortlichen und allen beteiligten für tolle diskussionen!

nachtrag von saatkorn.: in meinen augen müsste man gerade im kontext employer branding noch viel interdisziplinärer agieren, als dies oft bislang der fall ist. die veranstaltung „brand inside“ scheint diese interdisziplinarität gelebt zu haben, das finde ich sehr gut. und für employer branding können aus diesen ansätzen eine ganze menge neuer ideen entstehen, man denke nur an das thema „fanclub“…

ein ganz herzliches danke an judith für den artikel!

weiterlesen:

interview mit stefan schmidt-grell von xing rund um social media und employer branding

saatkorn. rückblick zur smpc 2010

wie kann mann itunes für employer branding nutzen?

karriere-netzwerke im kontext von employer branding und social media

employer branding glossar von embrace: erklärung der wichtigsten begriffe

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

3 Gedanken zu „rückblick zur „brand inside 2010“: „bin ich otto“ oder vielleicht doch eher mitglied im „fc deutsche post“? –

  • 1. Juni 2010 um 11:25
    Permalink

    Liebe Frau Charles,

    eine wunderbare Zusammenfassung, herzlichen Dank! Ihr Feedback und die ebenfalls durchweg positiven Rückmeldungen der anderen TeilnehmerInnen und ReferentInnen bestärkt uns, die brand inside 2011 in die zweite Runde zu schicken. Die Konferenz hat auch uns Veranstaltern großen Spaß gemacht. Ich hoffe, Sie sind nächstes Jahr wieder dabei.

    Herzliche Grüße

    Sven Nagel

    Antwort
  • 1. Juni 2010 um 10:17
    Permalink

    The brand ist your friend.

    Top Artikel, denke die Kernaussage kan man nur unterstützen.

    Jeder “ stakeholder “ kann zum Markenbotschafter werden. Vom Lieferanten, Partner, Kunden bis und zwar natürlich die Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter!

    Antwort

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