BearingPoint: Gen-Y Recruiting

Ina_FerberBearingPoint: Gen-Y Recruiting. – Kürzlich kontaktierte mich Ina Ferber, Inhaberin der Ferber Personalberatung mit einem spannenden Case aus dem Mittelstand. Storytelling und Gen-Y Recruiting das Thema, BearingPoint das Unternehmen. Ina ist Diplompsychologin mit Harvard MBA und war 9 Jahre als Personalleiterin und HR-Managerin in Brüssel, Gütersloh und Duisburg tätig. Von 2005 bis 2009 war sie selbstständige Interimsmanagerin für den HR-Bereich (Personalleitung auf Zeit). Anschließend leitete sie über 3 Jahre die Personalberatung und Employer-Branding-Agentur von Monster Worldwide und unterrichtete parallel an der Fachhochschule Frankfurt am Main. 2013 gründete sie die Ferber Personalberatung, eine Agentur für Employer Branding und Personalberatung für den Mittelstand. Sie veröffentlicht regelmäßig Beiträge in der Fachpresse und betreibt das Blog EMPLOYERREPUTATION. Grund genug, einmal genauer nachzufragen. Auf geht’s:

saatkorn.: Ina, bitte erläutere doch den Saatkorn.-LeserInnen, was Du so machst!
Kurz gesagt, wir bieten Storytelling („Geschichtenerzählen“) im Recruiting und Employer Branding für den Mittelstand. Mittelständische Unternehmen sind vom Fachkräftemangel doppelt betroffen: von den wenigen verfügbaren Fachkräften suchen die meisten den Karriereweg in großen Konzernen. Dabei bieten mittelständische Firmen oft genau das, was Arbeitnehmer heute suchen: Eine sinnhafte Aufgabe, einen Job in der Heimatregion, Internationalität, Flexibilität, Menschlichkeit. Und genau diese „Story“ erzählen wir für unsere Kunden im Arbeitsmarkt.

In Recruiting-Videos, auf Karriereseiten, in sozialen Medien oder auch in klassischen Stellenanzeigen, erzählen wir eine ehrliche Geschichte über Stärken und Schwächen des Arbeitgebers. Wie fühlt es sich an, in diesem Unternehmen, in dieser Abteilung, an diesem Standort zu arbeiten? Was sind die Stimmungskiller im Alltag? Worauf ist das Team stolz? – Diese „Story“ bringen wir zu den Wunschkandidaten unserer Kunden. Das tun wir mit klassischen und innovativen Methoden: Mal nutzen wir GoogleAdWords und setzen auf Suchmaschinenoptimierung, mal schalten wir Stellenanzeigen in regionalen Zeitungen oder spezialisierten Jobbörsen, mal sprechen wir Kandidaten aktiv an (klassisches Headhunting, Active Sourcing) und transportieren die Geschichte per Mail, telefonisch und persönlich. Hauptsache, die Zielgruppe wird erreicht.

Eine ehrliche Geschichte zieht Menschen an, die zur Organisation passen. Kurzfristig gewinnen wir Fach- und Führungskräfte, die in der Aufgabe und in der Unternehmenskultur richtig sind. Mittelfristig werden unsere Kunden in ihrer Zielgruppe und Region als gute Arbeitgeber bekannt.

saatkorn.: Hört sich spannend an – kannst Du vielleicht ein aktuelles Projekt von Dir genauer beschreiben?
Die BearingPoint Software Solutions GmbH (BESS), ein Consulting-Unternehmen mit Sitz in Frankfurt, sucht Hochschulabsolventen für den Bereich „Meldewesen“. Die Herausforderungen sind offensichtlich: Absolventen, die eine Karriere im Consulting anstreben, bevorzugen die Big 5, und „Meldewesen“ klingt zunächst langweilig. Selbst wenn man statt „Meldewesen“ „Regulatory Reporting“ schreibt, wirkt das zwar irgendwie cooler, aber verständlich und überzeugend ist das noch lange nicht. Um Absolventen für diese Rolle zu interessieren, haben wir für die BESS einen multimedialen Auftritt gestaltet. Wir zeigen, warum eine Consulting-Karriere bei der BESS spannend ist. Hier ist die neue Präsenz: http://karriere-im-meldewesen.de/

Screenshot_Saatkorn_BearingPoint_Ferber_Personalberatung_20150408_1Desktop-Ansicht: Die Gen Y überzeugen wir, indem wir die Gen Y selbst zu Wort kommen lassen.

Ein Ziel dieses Projekts ist es, das Tätigkeitsfeld „Meldewesen“ zu erklären und bekannter zu machen. Zu diesem Zweck haben wir u.a. ein animiertes Video eingebunden, welches Finanzmarktregulierung und die Rolle der BESS unterhaltsam erläutert.

Es geht bei dieser Kampagne ganz klar auch um kurzfristige Recruiting-Ziele, also darum, qualifizierte Kandidaten zu interessieren und zur Bewerbung zu motivieren. Die Tätigkeit, der Arbeitsalltag, die Karrieremöglichkeiten und die Aufforderung zur Bewerbung („Call-to-Action) stehen daher im Vordergrund.

Natürlich funktioniert Storytelling nur mit dem Arbeitgeber. Lorenz Rogall, Leiter Recruiting von BearingPoint begeistert sich für kleine und große Recruiting-Innovationen und wirkt als experimentierfreudiger Evangelist in seiner Organisation. Deswegen war das Unternehmen offen für das Projekt. Mitarbeiter, Führungskräfte und Geschäftsführer haben dann in den Analysegesprächen ehrlich und offen aus ihrem Arbeitsleben berichtet. Nur so hatten wir die Chance, eine ehrliche Geschichte aufzufangen und in der Kampagne wiederzugeben.

Für eine Bewertung des Projekts ist es noch zu früh, aber erste Indikatoren bestätigen unser Vorgehen: Obwohl wir gerade erst online gegangen sind und obwohl wir uns in einem sehr engen Arbeitsmarkt und im direkten Wettbewerb zu den Big 5 und hier in Frankfurt zu den Zentral- und Großbanken bewegen, haben sich auf die Kampagne bereits mehrere passende Kandidaten beworben, die zum Assessment Center der BESS eingeladen sind.

saatkorn.: Inwiefern ist die Recruiting-Seite auf die Bedürfnisse der Generation Y angepasst? Wie seid Ihr vorgegangen, habt Ihr vor Erstellung der Recruiting-Seite eine Positionierung für BESS erarbeitet?
Natürlich stand am Anfang eine intensive Analyse. Dabei hat sich z.B. gezeigt, dass Mitarbeiter den Zusammenhalt und die Hilfsbereitschaft unter Kollegen sehr schätzen und sich über die intellektuell herausfordernden Aufgaben freuen. „Spaß am Tüfteln und Knobeln“ haben wir das genannt. Klar gab es auch kritische Punkte, z.B. Arbeitszeiten wie sie im Consulting üblich sind. Die Essenz von vielen Mitarbeiterstimmen ist die Grundlage der Geschichte, die wir jetzt erzählen.

Die Gen Y überzeugen wir, indem wir die Gen Y selbst zu Wort kommen lassen, im Video und im Text (Mitarbeitertestimonials). Wir haben das Thema „Sinn“ in den Vordergrund gestellt, denn die Generation Y sucht eine sinnstiftende Aufgabe. Tatsächlich geht es im Regulatory Reporting darum, die nächste Finanzkrise zu verhindern. Für Absolventen mit Interesse an Finanzmärkten ist das eine Möglichkeit, ihre Talente einzusetzen und gleichzeitig einen Beitrag zu leisten, der über die reine Gewinnmaximierung hinausreicht. Im „Storytelling“ geht es oft darum, genau solche komplexen Zusammenhänge für die Zielgruppe erlebbar darzustellen.

saatkorn.: Stichwort „Candidate Experience“: wie habt Ihr dieses Thema berücksichtigt?
Screenshot_Saatkorn_BearingPoint_Ferber_Personalberatung_20150408_2
Bewerben leicht gemacht! Das ist ein wichtiger Grundsatz des Candidate Experience Management. Deswegen ist das Bewerbungsformular so gestaltet, dass es in 30 Sekunden ausgefüllt werden kann. Die gesamte Seite hat mobil und stationär eine klare Nutzerführung. „Jetzt bewerben!“ (der sogenannte Call-to-Action) ist jederzeit sichtbar und verständlich, und wem doch etwas unklar ist, der kann Lorenz Rogall (Leiter Recruiting) anrufen und alle Fragen klären.

saatkorn.: Der Mittelstand wird in den nächsten Jahren ja große Herausforderungen im Kontext Rekrutierung zu meistern haben. Ein großes Problem ist ja, dass viele mittelständische Unternehmen nicht über die Region, in der sie sich befinden, hinaus bekannt sind. Was ist Deine Empfehlung als Mittelstandsexpertin? Wie sollten Unternehmen mit dieser Bekanntheitslücke umgehen?
Vielen Dank für diese Steilvorlage! Tatsächlich sind die meisten mittelständischen Unternehmen auch in ihrer Region nicht bekannt. Wer das nicht glaubt, sollte einfach in das nächstgelegene Industriegebiet fahren. Dort sind zahlreiche Arbeitgeber mit 70, 100, 1.000 oder 5.000 Angestellten, die niemand kennt. Der Mittelstand schreibt über 80% aller Stellen aus, doch die einzelnen Firmen sind weitgehend unbekannt. Deswegen arbeiten wir in unseren Kundenprojekten oft zuerst an der Bekanntheit im regionalen Arbeitsmarkt. Wer regional bekannt ist, kann Azubis und in vielen Fällen auch Fach- und Führungskräfte vor Ort finden.

Leider schauen Recruiter in kleinen und mittelständischen Unternehmen oft nur auf die angeblichen Mängel, weil sie nicht all die Extras bieten können, die es in Großkonzernen gibt. Dadurch gehen viele Chancen verloren. Mittelständischen Unternehmen empfehle ich, ihre Individualität herauszuarbeiten, denn als Arbeitgeber haben sie oft überzeugende Alleinstellungsmerkmale. Viele Mittelständler sind von einer starken Gründerpersönlichkeit geprägt, leben eine besonders warme Fürsorglichkeit oder sind globale Innovationsführer in einer Nische. Das sind überzeugende, ehrliche Geschichten, „Storys“, mit denen sich Menschen gewinnen lassen, die zum Unternehmen und zur Region passen.

 saatkorn.: Ina, vielen Dank für das Interview. Und weiterhin viel Spaß und Erfolg!

 

 

 

 

 

 

 

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert