Interview mit Florian von embrander rund um Social Media und Personalmarketing

Interview mit Florian von embrander rund um Social Media und Personalmarketing

Florian Schreckenbach von embrander ist ein guter alter Bekannter, wir haben zusammen die Coaching Ausbildung an der EBS Oestrich-Winkel gemacht. Lustigerweise arbeiten wir im selben Feld – Employer Branding und Social Media. Er ist Mitgründer und Berater bei embrander, einer Management-Beratung für Employer Branding, Enterprise 2.0 und Social Media. Zu diesen Themen und zum Thema Produktivität ist er als Referent, Blogger und Autor aktiv. Vor der Gründung von Talential und embrander im August 2008 war Florian Schreckenbach knapp drei Jahre als Strategieberater bei Capgemini Consulting tätig. Bereits zum zweiten Mal hat er zusammen mit Thorsten Petry von der Wiesbaden Business School eine Studie rund um die Nutzung von Social Media im Personalmarketing durchgeführt. Grund genug, einmal nachzufragen. Auf geht’s: 

saatkorn.: Bereits zum 2. Mal habt Ihr die Studie „Nutzung von Social Media im Employer Branding und Online-Recruiting“ veröffentlicht. Wen habt Ihr befragt und was sind die zentralen Ergebnisse?
Im Fokus der Befragung, die wir von embrander mit Prof. Dr. Thorsten Petry der Wiesbaden Business School durchgeführt haben, beteiligten sich 835 Personen. Es handelte sich um die Zielgruppen „Fach- und Führungskräfte“ und „Studenten“. Der Schwerpunkt der Befragung lag diesmal noch stärker auf der Wirkung von Social Media im Personalmarketing, um rauszubekommen was Arbeitnehmer in den sozialen Medien wirklich anspricht.

Dabei gibt es einige spannende Ergebnisse:

  • Social Media stieg zu 2010 in der Nutzungsintentensität deutlich an. Dabei verzeichnete YouTube bei beiden Gruppen einen starken Anstieg und verdrängt sogar mit über 90% Facebook vom ersten Platz
  • Nur knapp einem Drittel der Befragten sind Social Media Personalmarketing Aktivitäten von Unternehmen aufgefallen
  • Wenn ein Unternehmen in Social Media Aufmerksamkeit erzeugt hat, bedeutet dies nicht gleichzeitig auch, dass das Unternehmen auch für die Zielgruppe als Arbeitgeber attraktiver geworden ist
  • Für ca. 70% der Teilnehmer bedeutet das „Fan sein“ von Facebook Karriereseiten nicht, dass das Unternehmen für sie als Arbeitgeber attraktiver geworden ist
  • Im Arbeitgeber-Ranking 2011 wurden meist Konzerne so z.B. BMW, Telekom und Lufthansa genannt, aber auch Bertelsmann 😉

saatkorn.: Wie steht es mit der Nutzung von Social Media in Großunternehmen versus mittelständischen Unternehmen?
Neben den oben genannten Konzernen wurden im Arbeitgeber Ranking 2011 auch Mittelständler genannt, so z.B. Krones. Dieses Ergebnis ist, denke ich, wesentlich auf deren dialogorientierten Aktivitäten in Social Media zurückzuführen.

Neben dem Ranking haben wir in einer Analyse die Teilnehmer über Aktivitäten ausgewählter Unternehmen befragt. Auch hier waren mit CAS Software, Werner & Mertz (Erdal, Frosch), CF Budenheim drei kleinere Unternehmen und mit Krones und Stihl mittlere Unternehmen vertreten. Demgegenüber standen Konzerne wie z.B. Telekom und Otto. Die kleineren Unternehmen hatten relativ wenige Nennungen, aber Krones stand speziell bei Fach- und Führungskräften auf Rang 5 noch vor den Großkonzernen SAP, Procter & Gamble, KPMG und Beiersdorf.

saatkorn.: Welche Empfehlungen würdet Ihr Unternehmen aussprechen, die sich mit dem Gedanken tragen, Social Media im Kontext Personalmarketing und Recruiting einzusetzen?
Social Media kann die Kommunikation und den Reichweiten-Aufbau einer stimmigen Arbeitgebermarke unterstützen und so die gewünschte Aufmerksamkeit bei der Zielgruppe erzeugen. Das zeigt das Beispiel Krones.

Allerdings sollte Social Media nicht die Lösung einer generellen Personalmarketing-Schwäche (im Internet) sein. Der Einsatz muss zur Unternehmenskultur des Unternehmens passen, denn nur dann spiegeln die Aktivitäten die von Kandidaten gewünschte Authentizität wider. Um dies zu erreichen ist eine mitarbeitergetriebene und nachhaltige Kommunikation erwünscht. Eine Kommunikation über Führungskräfte und Presseabteilungen wird als deutlich weniger authentisch angesehen.

Es gibt in Social Media meiner Meinung nach keine Erfolgsrezepte. Jedes Unternehmen muss seinen eigenen Weg finden. Dafür kann es sich Inspiration holen, aber – wenn es sich dafür entschieden hat – sollte es ab einem gewissen Zeitpunkt einfach mal loslegen. Für eine effektive Nutzung von Social Media ist auch theoretisches Wissen relevant, aber ebenso relevant (wenn nicht sogar wichtiger) sind Erfahrung und ständiges Dazu-Lernen.

Zudem: Der eigene Blog oder die Fanpage mag zwar ein großer Schritt für das Unternehmen sein, aber – so hart es klingt – es ist ein kleiner Schritt für die Menschheit. Nach dem Start von der Zielgruppe gefunden zu werden ist viel Arbeit. Zuhören ist in Social Media nun mal freiwillig.

saatkorn.: Was glaubst Du sind die mittelfristigen Entwicklungen? – Wird sich Social Media als ein Kanal neben anderen etablieren oder sich möglicherweise als mittelfristig wichtigster Kanal für Employer Branding und Recruiting etablieren?
Generell glaube ich an das Kommentar von Gerhard Cromme (Aufsichtsratsvorsitzender von Siemens): “Es kommt immer anders als die Mehrheit meint”. So geben Einzel-Ereignisse, die kaum bis nicht vorhersehbar sind, meist den wesentlichen Richtungsentscheid. Aber zurück zur Frage:

Die statistischen Zahlen zeigen dennoch, dass das Internet zunehmend sozialer wird. Auch wenn, denke ich, der (stark mediengetriebene) Hype langsam zurückgehen wird, setzt sich dieser Trend mittelfristig auch weiter fort. In dieser Zeit wird sich die Nutzung von Social Media von Kandidaten und von Unternehmen noch weiterentwickeln, vielleicht auch in noch unbekannte Richtungen. Dabei kann ich es mir gut vorstellen, dass Social Media in manchen Bereichen und für bestimmte Zielgruppen ein effektiver und somit wesentlicher Kanal für Employer Branding und Recruiting werden kann. Aktuell stehen dieser Weiterentwicklung vom Gefühl her aber mehr die Unternehmen als die Kandidaten im Wege. Denn Social Media erfordert ein generelles kulturelles Umdenken in Sachen Kommunikation im Unternehmen. Ich glaube allerdings nicht, dass ein Social Media Profil mittelfristig den CV ersetzen wird.

saatkorn.: Welche klassischen Personalmarketinginstrumente sind laut Eurer Studie 2011 die Wichtigsten?
Die klassischen Personalmarketinginstrumente, wie z.B. Karriere-Webseite und Events, sind unserer Studie nach weiterhin gewünscht und aus Sicht der Teilnehmer führend. Dabei wird klar, dass Unternehmen an Online-Personalmarketing nicht mehr vorbeikommen. Social Media ist aber in Sachen Online-Personalmarketing laut den Ergebnissen dabei die Kür.

Bei den gewünschten Personalmarketingkanälen gibt es allerdings zielgruppenspezifische Unterschiede. Bei Studenten stehen Stellenanzeigen auf Rang eins, gefolgt von unternehmenseigenen Karriere-Webseiten (Anm.: Diese sind abzugrenzen von Fanpages der sozialen Netzwerke). Auf den dritten Rang fallen bei Studenten Events wie bspw. Arbeitgeber­messen. Fach- und Führungskräfte haben hingegen andere Favoriten: So nennen sie Mitarbeiter-Empfehlungen als wichtigste Aktivität zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität, den zweiten Rang teilen sich Stellenanzeigen und Karriere-Webseiten. Gleichwichtig sind Fach- und Führungskräften Events und Arbeit­geberbewertungen mit jeweils 47 Prozent. Letztere werden von den Studenten dagegen nur halb so wichtig gewertet.

saatkorn.: Lieber Florian, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg mit Embrander!

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

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